Erich Kasten:
EINFÜHRUNG NEUROPSYCHOLOGIE
Ernst Reinhardt Verlag, München-Basel 2007. 320 S., 54 Abb., 3 Tab., € 24,90.
ISBN 978-3-8252-2862-0 (UTB-Bestellnummer)
Neuropsychologischen Fragen und Forschungsprojekten gehört die Zukunft. Ungläubigem Staunen soll mit den Stichworten begegnet werden: Nervenzelle, Nervensysteme, Transmitter und Neuromodulatoren, kurz Gehirn anatomisch und physiologisch und damit Gehirnfunktion. Oder noch kürzer: Grundlage des Lebens. Oder konkret: Bewegung, Sinnesorgane (Hören, Sehen, Geruch, Geschmack, Tastsinn), Orientierung, Lernen, Gedächtnis, Sprache, Lesen, Schreiben, Rechnen, Handlungsplanung, Sexualität, Wach-Schlaf-Rhythmus u.a.m. Wer funktioniert, hat keine Ahnung, wie vielschichtig er zusammengesetzt ist. Wer Ausfälle verkraften muss, weiß wenigstens, was alles ausfallen kann und welche herben Konsequenzen damit verbunden sind.
Das ist eines der wichtigsten Kapitel des empfehlenswerten Buches zur Einführung Neuropsychologie von Prof. Dr. Erich Kasten, dem psychologischen Leiter der Arbeitsgruppe Neuropsychologie am Institut für Medizinische Psychologie der Universität Magdeburg. Vorangegangen die Kapitel Grundlagen und Neuropsychologische Diagnostik und Therapie. Nachfolgend die Neuropsychologie der wichtigsten Störungen wie geistige Behinderung, Entwicklungsverzögerung, Autismus (einschließlich Idiot Savant mit ihren verblüffenden Einzel-Leistungen trotz Schwachsinn), Demenz, Schizophrenie, Wahn, affektive (Gemüts-)Störungen, Phobien und Angsterkrankungen, Belastungs-, Zwangs-, dissoziative sowie Persönlichkeitsstörungen, Veränderungen der Geschlechtsidentität, Sucht, Epilepsie, Schmerz u. a. Immer bedeutsamer, jedenfalls was unsere Zeit und Gesellschaft anbelangt: die angrenzenden Bereiche Psychoendokrinologie Psychoneuroimmunologie, Neuro-Psychotherapie, Parapsychologie, Gehirn und Kriminalität etc.
Diese Aufzählung ist natürlich nicht geeignet, den interessierten Leser das Buch schmackhaft zu machen. Man resigniert und überlässt es den Experten. Und genau das ist falsch und soll auch durch diese Einführung in die Neuropsychologie verhindert werden - mit Erfolg. Gewiss, das Thema bzw. dieser wissenschaftliche Bereich gehören zum kompliziertesten, was die moderne Forschung zu bieten hat. Doch es ist auch das Wichtigste oder - bescheidener ausgedrückt - es gehört zu den essentiellen Wissensgebieten mit den nebenbei erfreulichsten Forschungs-Erfolgen. Wer noch einmal obige Stichworte durchgeht, wird es kaum bestreiten. Nur sollte es so dargeboten sein, dass man es als zwar gebildeter, auf jeden Fall interessierter Nicht-Psychologe oder -Arzt auch zu verstehen mag. Und genau das hat der Autor geschafft. Gratulation.
Es ist ein Lehrbuch, das ist richtig, aber auch flott geschrieben, unterhaltsam, einprägsam. Man liest ja auch nur das, was einem gerade interessiert (ein gutes Nachschlagewerk, hervorragendes Sachregister). Und man kann die fachlichen Passagen überspringen und sich die lesefreundlich dargebotenen Beispiele und Schlussfolgerungen zunutze machen. Hier hilft auch das Bildmaterial weiter und - vor allem - ein nun wirklich durchgehend um Allgemeinverständlichkeit bemühtes Glossar, beginnend mit medizinisch-anatomischen und schließlich neuropsychologischen Fachbegriffen. Und wer sich für die Spezial-Literatur interessiert, der ist auch hier gut bedient (und zwar nicht nur englischsprachig, der Autor widersteht der effekt-geleiteten Anglomanie).
Kurz: Empfehlenswert, auch für Nicht-Fachleute, wenn sie die Grenzen der popularisierten Darstellung eines so hoch komplexen Gebietes zu akzeptieren vermögen. Auch der Preis ist erfreulich, man bekommt dafür ein ergiebiges Nachschlagewerk (VF).
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