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ZUM THEMA: GEWALT: PIRATERIE AUF HOHER SEE

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M.H.W. Möllers, R. Ch. van Oyen (Hrsg.):
JAHRBUCH ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 2006/2007
Verlag für Polizeiwissenschaft Dr. Clemens Lorei, Frankfurt 2007. 618 S., € 29,00.
ISBN 978-3-86676-000-4

Man kann so schmunzelnd seine Beobachtungen machen, selbst in Buchhandlungen. Dort sieht man nicht selten Männer zwischen 30 und 40 und dann wieder ab 60 in der Sektion "Abenteuer-Bücher" in bestimmten Bildbänden blättern, konkret: Römer, Ritter und Piraten. Der Grund: Es dürfte sich in der Mehrzahl um Väter bzw. Großväter handeln, die ihre Söhne und Enkel zu "bedienen" suchen. Und für sich selber ein kleiner, aber legaler Schauer, handelt es sich doch um Bildung und Erziehung im historischen Rahmen. So weit, so gut.

Römer und Ritter gehören nun tatsächlich der Vergangenheit an. Piraten auch - oder etwa nicht? Diese Frage ist leider kein schlechter Witz. Jedenfalls liest man immer wieder von Übergriffen, die nicht nur Gut, sondern auch Leben kosten. Was soll man davon halten, in unserer doch global so überschaubaren und eigentlich auch sicheren Zeit?

Bekanntermaßen nimmt die Zahl derer, die auf hoher See ihren Urlaub verbringen, ständig zu. Relativ klein mag sie bei jener elitären Gruppe sein, die sich auf Segelbooten und Motoryachten "hinaus" wagt. Dort kann man sich ein solches, eigentlich "historisches Risiko" noch am ehesten vorstellen. Groß, ja unübersehbar groß, weil auch mit aller Macht von den Reiseorganisationen und Reedereien geschickt beworben, sind die See-Reisen mit Hunderten, ja inzwischen Tausenden von Passagieren pro Schiff auf allen Meeren dieser Erde. Und dort soll es ebenfalls zu kritischen Situationen kommen? Kaum vorstellbar. Was also sind Sensations-Meldungen, was ist bedenkliche Realität selbst heute?

Wer also hier das Problem der "modernen Piraterie" aufwirft, kann zumindest mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen; jedenfalls bei denjenigen, die klar und nüchtern zu denken gewohnt sind. Und wer die Medien verfolgt, weiß zwar, dass dort so manches überzogen dargestellt, "gepuscht" wird, und das ist nun wirklich ein Thema, wo jeder "hinguckt". Aber die Zahl solch spektakulärer Fälle hält sich offensichtlich in Grenzen, und man selber ist hoffentlich nie betroffen. Interessant wäre es aber schon einmal, zu erfahren, wie es mit der Piraterie heute wirklich steht. Aber wo kann man derlei auch wirklich seriös erfahren?

Beispielsweise im Jahrbuch Öffentliche Sicherheit 2006/2007 aus dem Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt. Es erscheint nun schon im 3. Jahres-Doppelband und - wie die Herausgeber berichten - in verkürztem Rhythmus, "ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Entwicklung im Bereich der öffentlichen Sicherheit zur Zeit an Komplexität und Rasanz weiter zunimmt".

Der Sammelband mit mehr als 40 Beiträgen von Juristen, Kriminologen, Soziologen, Politik- und Verwaltungswissenschaftlern, Redakteuren, Historikern u. a. hat seinen diesjährigen Schwerpunkt vor allem im Bereich von "Extremismus - Radikalismus", ein Thema mit wachsender und vor allem folgenschwerer Bedeutung.

Auch dieser Sammelband bietet einen hervorragenden Überblick, ist aber natürlich ein Spezialwerk von Experten für Experten. Und deshalb ist auch seine Lesbarkeit (d. h. der Spagat zwischen Spezialistentum und allgemeinverständlicher Darstellungsweise) von Kapitel zu Kapitel bzw. von Autor zu Autor ganz unterschiedlich. Das Werk bietet aber so oder so eine interessante Fülle von nachdenklich stimmenden Erkenntnissen aus Deutschland, Europa und weltweit, die uns letztlich alle betreffen bzw. betreffen können.

So auch das Kapitel von Dr. jur. Michael Stehr, Redakteur für See- und Völkerrecht der Fachzeitschrift Marine Forum des Deutschen Marine Instituts in Bonn über Piraterie und Terror auf See, seinem Arbeitsschwerpunkt (z. B. das Buch Piraterie und Terror auf See aus dem Verlag Dr. Köster, Berlin 2004).

Was weiß der Experte zu berichten bzw. was müssen wir, die bestenfalls eine "ja harmlose Seereise gebucht haben", zur Kenntnis nehmen? Zumal die Gewalt im Allgemeinen und in ihren immer spezielleren Formen eine schwere Bürde unserer Zeit und Gesellschaft zu werden droht, was sich deshalb auch in einer Serie über die psychosoziale Gesundheit niederschlagen soll.

Piraterie - so alt wie die Menschheit, aber offenbar nicht ausrottbar

Piraterie, also Überfälle auf See, ist wahrscheinlich so alt wie die Kriminalität generell und damit so alt wie die Menschheit. Es gab Zeiten und Regionen, da war sie ein ernstes Problem: wirtschaftlich katastrophal und menschlich eine Tragödie. Dass sich hier nicht nur kriminelle, sondern auch "seriöse" Unternehmen, ja respektable Nationen, nicht zuletzt die jeweiligen Weltmächte (zur See) schuldig machten, wenn auch raffiniert getarnt, ist eine pikante Neben-Erkenntnis, verwundert aber nicht, wenn man die Geschichte der Menschheit studiert. Warum soll es auf See anders zugehen als zu Lande.

Immerhin kamen die großen See-Nationen im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte zu der Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen konnte. Man griff (mehr oder weniger gemeinsam) durch, so dass Ende des 19. Jahrhunderts das Übel der Piraterie schon ausgerottet schien.

Doch "die Hydra erhob seit 1970 ihr Haupt aufs Neue", warnt M. Stehr. Damals war es vor allem die vietnamesischen Boatpeople, die von thailändischen Fischern überfallen wurde. In den 1980er Jahren blühte die Piraterie dann erneut (wie schon früher in gnadenloser Form) an den Küsten und Häfen Westafrikas auf, diesmal nicht wie bisweilen aus der Not geboren, sondern als Begleiter eines wirtschaftlichen Booms. Seit 1990 entwickelt sich nun die asiatisch-pazifische Region zum Schwerpunkt für den Seeraub. Neue Krisenherde der Piraterie seit 2005 sind Bangladesch und Somalia. Man sieht: Es dominieren zwar "ferne Länder" und über Tausende von Seemeilen entfernt, doch dort etabliert sich ja auch ein wachsender Tourismus.

Internationale Bemühungen

Deshalb richtete das International Maritime Büro (IMB) sein Piracy Reporting Center (PRC) in Kuala Lumpur in Malaysia ein. Es sammelt Daten, fasst sie zusammen und stellt sie den jeweiligen Sicherheitskräften zur Verfügung, um möglichst gezielt eingreifen zu können. Denn die Piraterie (wie übrigens auch der Terrorismus zu Lande) bedrohen und ruinieren nicht nur die direkt Betroffenen, sondern auch das Image der jeweiligen Region und damit den ökonomischen Aufschwung. Denn wer reist oder investiert dort, wo er sich nicht sicher fühlen kann. Piraterie ist demzufolge nicht nur eine kurzfristige, sondern auch mittel- bis langfristige Katastrophe von nebenbei schwer überschaubarem Ausmaß. Was aber weiß man zur derzeitigen Situation?

Piraterie ist ein Problem des gesamten Globus. Deshalb muss sich auch die "Weltregierung", nämlich die UN damit beschäftigen. Inzwischen gibt es einen jährlichen Bericht "Piracy and Armed Robbery against Ships" mit bestimmten Schwerpunkten. Hintergrund ist die Zunahme krimineller Übergriffe auf Handelsschiffe, und zwar nicht nur auf See, sondern sogar in den Häfen seit Beginn der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts. Dabei werden im Übrigen auch seeräuberisch tätige Terrorgruppen miterfasst, keine unwesentliche Gefahren-Potenzierung (siehe später). Das Ergebnis:

Mehr Überfälle als Meldungen

Die Gesamtzahl der jährlich registrierten Überfälle in allen Seegebieten wächst seit 1992 beinahe unablässig, wenn auch von zeitweiligen Rückgängen unterbrochen. Leider ist die so genannte Dunkelziffer (also die Zahl der nicht gemeldeten Überfälle bzw. Versuche) nicht gering. Das verwundert, aber nur auf den ersten Blick. Denn wer derlei meldet, muss natürlich im nächsten Hafen kriminalistische Untersuchungen über sich ergehen lassen. Und das sind neben den Kosten für Hafenliegezeiten u. a. vor allem eines: der Vertrauensverlust beim Kunden. Daher - so M. Stehr - "ist die Neigung vieler Reeder und Kapitäne irgendwie sogar verständlich, entsprechende Vorfälle zu verschweigen, solange es keine Toten oder erhebliche Verluste an der Ladung gegeben hat. Kurz: Reeder fürchten um ihren guten Ruf als zuverlässige Transportunternehmen. Fischer und Yachtskipper berichtet auch nicht immer über solche Vorfälle". Das Gleiche gilt sogar für lokale und staatliche Behörden. Wer will sich schon sein Image ruinieren.

Außerdem gelten viele als korrupt, vor allem in latein-amerikanischen, afrikanischen und asiatischen Staaten und stehen bisweilen sogar im Verdacht, entsprechend nützliche Hinweise an die Piratenbanden weiterzugeben.

Was heißt dies nun in konkreten Zahlen? Man nimmt an, dass nur etwa die Hälfte aller Überfälle gemeldet wird. Skeptiker nehmen sogar an, dass die Daten der Spezial-Abteilung der UN nur 10% aller Piraten-Akte repräsentieren. Dies erklärt nebenbei auch, warum bestimmte Flaggenstaaten besonders häufig betroffen scheinen (z. B. Deutschland), andere nicht. Das hängt mit der jeweiligen Melde-Disziplin seiner Reeder und Kapitäne und der Arbeit des Deutschen Bundeskriminalamtes zusammen.

Wie teilt man See-Überfälle ein?

Piraten-Überfälle werden von den Behörden der UN in drei Kategorien unterteilt:

- Low-level armed robbery (LLAR): Kleinere, meist allein operierende Banden; schneller Überfall in Häfen oder auf Reede, meist zur Nachtzeit. Leicht zu machende Beute (Geld oder Wertsachen). Verbreitung vor allem in asiatischen Gewässern, aber auch vor den afrikanischen und südamerikanischen Küsten. Meist bemerkt die Besatzung den Verlust erst später. Immerhin sind die Piraten bewaffnet (leichte Stich-, Hieb- und Schusswaffen), wobei Letztere an Bord eines beladenen Tankers weitreichende Folgen haben können).

- Medium-level armed assault and robbery (MLAAR): Organisierte kriminelle Banden mit Beziehungen zum Hafenpersonal. Einsatz in den Häfen oder Küstengewässern mit schnellen Booten, automatischen Waffen und teilweise militärischem Gerät (z. B. Panzerfäuste). Stets Gewalt gegen die Besatzung, um bei Durchsuchung und Plünderung (bis hin zum Löschen der gesamten Ladung) nicht gestört zu werden. Spezifische Gefahr: Während des Überfalls fährt das Schiff mehr oder weniger unkontrolliert weiter, was in Küstennähe zu erheblichen Risiken führen kann.

- Major criminal hijack (MCHJ): International operierende kriminelle Organisationen, die ganze Schiffe mit samt Ladung kapern, diese neu benennen, neu anstreichen, Papiere fälschen und die Ladung schließlich veräußern, ggf. auch noch samt Schiff. Verbindung zu korruptem Personal von Hafenverwaltung und Polizei. Manchmal kann mit dem gekaperten Schiff noch eine neue Ladung erschlichen werden, die wiederum veräußert wird, was zu "interessanten Gewinnen" führt. Die Besatzungen der gekaperten Schiffe werden entweder getötet oder auf See ausgesetzt.

Die letzten Daten liegen für das Jahr 2005 vor. Sie zeigen Erfreuliches (die Zahl der jährlich weltweit gemeldeten Überfälle geht zurück), aber auch ungeahnte Entwicklungen: Die Zahl der Schiffsentführungen stieg an, die Härte der Vorgehensweise nimmt zu, insbesondere vor den Küsten Somalias, Vietnams, Tansanias und des Irak (der bis 2005 noch keinerlei Piraterie kannte).

Hunderte von Bordmitgliedern wurden festgehalten, manche wochen- oder monatelang. Das Erpressen von Lösegeld wird immer beliebter (z. B. Somalia). Indonesien ist nach wie vor die kritischste Region, aber auch Bangladesch. Die verheerende Flutwelle 2004 brachte die kriminellen Aktivitäten in der gefürchteten Malakka-Straße wenigstens für zwei Monate völlig zum erliegen. Dort hat sich übrigens die Piraterie bis heute nicht "erholt", weil die Anlieger-Staaten die Seeüberwachung immer konsequenter betreiben.

Zwei Regionen bzw. ihre Piraten zeichnen sich inzwischen durch besondere Brutalität aus: zum einen - wie erwähnt - neuerdings der Irak, zum anderen - wie schon früher - die Küsten von Somalia. Dort greift man nicht nur nachts, sondern sogar tagsüber an. Inzwischen müssen sogar Kriegsschiffe Wache halten, was aber weit von der Küste entfernt nicht immer erfolgreich ist (schnelle Piraten-Boote mit starken Motoren).

Weltwirtschaftlich besonders bedeutsam sind nicht nur die Gewässer Somalias, Indonesiens, Malaysias, der Philippinen sowie Nigerias, sondern auch andere, wichtige Seehandelswege (z. B. die erwähnte Malakka-Straße). Dabei geht es nicht nur um die Gefahr für die Besatzung (einschließlich Lösegeld) und den Verlust der Ladung, sondern auch um das Problem von Kollisionen, Havarien und Seeschlag. Das kann zur vorübergehenden Sperrung wichtiger Seewege führen, besonders wenn es sich um enge Passagen handelt (z. B. Philip-Chanel in der Straße von Singapur, wo ein Viertel des Welthandelvolumens, Hauptverbindung zwischen Fernost und Europa, durch dieses Nadelöhr geschleust wird).

Müssen Wracks geborgen werden, kann die Sperrung Tage, ja Wochen und Monate dauern. Die dadurch notwendigen Umfahrungen sind besonders für Großschiffe risikoreich (Strömungen, kurviges Fahrwasser, Mangel an präzisen aktuellen Seekarten) und kostenträchtig. Piraterie ist also sogar ein schwer kalkulierbares Problem der gesamten Weltwirtschaft, auch wenn es beispielsweise Tausende von Seemeilen entfernt zuschlägt.

Terror auf See

Wir haben gesehen: Die Piraterie ist ein Phänomen, das schon für sich allein genügend Schwierigkeiten jeglicher Art aufwerfen kann. Noch schlimmer wird es durch Terror auf und von See. Terroristen haben sich schon längst auf das Wasser gewagt, stellt M. Stehr in seinem Beitrag fest. Auch rund um Europa sind Anschläge auf Häfen und Schiffe nichts Neues (Beispiel: die Kaperung des Kreuzfahrtschiffes "Achille Lauro" 1985). Beteiligt waren beispielsweise Palästinenser, die IRA, die ETA, algerische, tschetschenische Terroristen, inzwischen auch das Netzwerk Al Qaida.

Die Ziele sind meist die Brennpunkte der Weltpolitik. "Klassische Terroranschläge im maritimen Umfeld" scheinen zurückzugehen, weil die "Opfer" meist dann doch rigorose Gegenmaßnahmen starten und vor allem bei See-Angriffen etwas mehr Zeit zur Abwehr als auf dem Landweg zur Verfügung steht. Dafür lassen sich die Terroristen immer neue Methoden einfallen, wobei sie - mit welcher Unterstützung auch immer - oft auf dem neuesten Stand der Technik attackieren.

Außerdem spielt beim Terror ein weiterer Faktor eine nicht unerhebliche Rolle: Die sonst übliche Abschreckung durch das Strafrecht versagt bei jenen Tätern, die ihr eigenes Ableben a priori einkalkulieren (siehe Flugzeug-Entführungen und Sprengboot-Attacken). Die Szenarien sind vielfältig, von Angriffen auf Öl- und Gasbohr-Plattformen über Kreuzfahrtschiffe, gekaperte Tanker zum Rammen und blockierendem Versenken bis zu Benzin-, Gas- und gefährlichen Chemikalien-Explosionen in Häfen. Was Piraten können, nämlich Schiffe kapern, können Terroristen erst recht, nur mit der strategischen Erschwernis, die Selbstmord-Attentäter aufwerfen.

Terrorismus und Container-Verkehr

Container sind aus dem Welthandel nicht mehr wegzudenken - und eine Gefahrenquelle erster Ordnung für die Sicherheitsdienste. Rund 15 Millionen dieser "Vielzweck-Kisten" sind weltweit unterwegs, jährlich etwa 232 Millionen Container-Bewegungen, d. h. Ein- und Ausfuhren. Dadurch lassen sich vielfältige Anschlags-Varianten realisieren: Schmuggel von Terroristen, Sprengstoff, Giftgas, strahlendes Material oder biologische Kampfstoffe. Die Experten schließen nichts aus. "Kontroll-Läufe" durch die Medien (z. B. der US-Sender ABC-News) passierten mehrere Länder und Sicherheits-Checks problemlos. Terroristische "Sendungen" könnten das also auch, folgern die Experten ratlos.

Explosible Frachten in den Tankern sind ein hoch-brisantes Ziel, besonders bei raffinierten Ölprodukten, von Gas-Ladungen ganz zu schweigen. Selbst Düngemittel sind von höchster Brisanz (z. B. Ammoniumnitrat). Die im Beitrag von M. Stehr geschilderten Beispiele lassen Schlimmes ahnen.

Eine gefährliche Verbindung: Terroristen und Piraten

Es ist die Aufgabe der Experten, das mögliche Szenarium gedanklich weiterzuspinnen, denn Terroristen und Piraten tun es auch. Und wenn beide zusammenarbeiten (würden), dürften sich so manche Probleme potenzieren - mit bisher ungeahnten Konsequenzen. Glücklicherweise gibt es unüberbrückbare Gegensätze: Piraten wollen Gewinn machen, nicht ihr Geschäft ruinieren. Terroristen wollen politische Ziele durchsetzen. Eine "Kooperation" gestaltet sich also schwierig. Denkbare wäre allerdings der unwissentliche Weiterverkauf eines "Phantom-Schiffes" an Kontaktleute einer Terrorgruppe, gibt man zu bedenken.

Umgekehrt können Terrorgruppen sich aber auch durch Akte der Piraterie finanzieren bzw. für maritime Terroranschläge die notwendigen Erfahrungen und Geräte einschließlich Fahrzeuge für Terrorangriffe sammeln (z. B. das rätselhafte Verschwinden von 10 Schleppern in indonesischen Gewässern). Auch die Kaperung einer "schwimmenden Bombe", d. h. eines beladenen Gas- oder Benzin-Tankers ist einzuplanen, um Hafenanlagen oder besonders enge Fahrrinnen zu blockieren. Pläne scheinen vorzuliegen.

Schlussfolgerung

Eine der größten Geißeln der Menschheit sind Aggressionen, Gewalt und Machtmissbrauch. Sie gehören zwar ganz offensichtlich zum Mensch-Sein, aber ihre Folgen sind Angst, Leid, Qual und Tod. Und sie äußern sich in immer neuer Gestalt, derzeit bedienen sie sich eben der modernsten Technik zur See.

Glücklicherweise ist diese Menschheit nicht wehrlos; sie reagiert, wenngleich natürlich notgedrungen mit Verzögerung. Das war schon immer so (man erinnere sich: Caesar beispielsweise ließ aus eigenen Mitteln eine Flotte ausrüsten, die die Seeräuber gefangen nahm, die ihn zuvor gekapert und erst gegen Lösegeld freigelassen haben und die er - typisch Caesar - an den Masten der eigenen Schiffe aufhängen ließ; außerdem soll er sauer gewesen sein, dass sie so wenig für ihn verlangt haben). Und auch heute werden die Abwehrmaßnahmen immer enger, effektiver und raffinierter geschnürt - weltweit. Das ist auch nötig, denn die "andere Seite" schläft nicht. "Das Böse ist rastlos tätig", wie man weiß.

Und da das Böse auch ein Phänomen ist, mit dem sich die Psychiatrie und Medizinische Psychologie in vielfältiger Form auseinandersetzen muss, haben selbst scheinbar so abwegige Themen wie "Piraterie und Terror auf See" ihren Platz in dieser Serie über Psychosoziale Gesundheit. Denn wer einmal in die Fänge von solchen Tätern geraten ist, hat in aller Regel seine frühere Unbefangenheit verloren. Hier hilft für Opfer und Therapeuten, wenngleich auch begrenzt, vor allem das Wissen um Ursache und Wirkung. Dabei kann es sich lohnen, auch die Grundlagen der Ursachen zu beleuchten, beispielsweise in dem interessanten Beitrag von M. Stehr im Jahrbuch Öffentliche Sicherheit 2006/2007 (VF).

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