Prof. Dr. med. Volker Faust Psychosoziale Gesundheit von Angst bis Zwang Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln |
ERSCHÖPFUNGSDEPRESSION Kommt die frühere Diagnose einer Erschöpfungsdepression in Gestalt des Burnout-Syndroms zurück?
Man kann es in Frage stellen, verneinen, lächerlich machen, doch es nimmt ständig zu: das Burnout-Syndrom mit seiner Sequenz: erschöpft verbittert ausgebrannt. Es steht (noch) in keinem gängigen Lehrbuch, wird in den modernen Klassifikationen bestenfalls verschämt als Fußnote angedeutet, ist diagnostisch schwer zu fassen und therapeutisch noch schwerer zu behandeln, vor allem auf Dauer erfolgreich. Aber es ist da - und droht auch noch die Besten, die Engagiertesten, die ursprünglich Leistungsfähigsten zu ruinieren. Ist es neu, das "Stress-Syndrom der helfenden Berufe", heute aber praktisch in allen Sparten anzutreffen, vom Anwalt bis zum Zahnarzt? Gab es das noch nie, auch nicht in modifizierter Form und unter anderen Fachbegriffen? Erschöpfungsdepression: Burnout vor drei Jahrzehnten? Das Burnout-Syndrom gab es schon immer, es wird sogar im Alten Testament erwähnt (die so genannte "Elias-Müdigkeit"). Und auch später hat es viele Großen des Geistes heimgesucht (natürlich auch den jungen Minister Goethe, dem durch seine Verwaltungsarbeit nach und nach das Dichten "auszutrocknen" drohte). Und es durchgeistert die Literatur, von der Belletristik (Thomas Mann) bis zu den Fachbüchern ("Helfersyndrom", "Betriebsneurose" u. a.). Einzelheiten siehe später. Und es hat einen Vorläufer, der natürlich nicht völlig identisch ist, wie alle anderen parallel laufenden Leidensformen auch - und doch vieles Gemeinsame aufweist. Vielleicht ist sie sogar wieder im kommen, die Erschöpfungsdepression. Nachfolgend deshalb eine komprimierte Übersicht zu diesen beiden Leidensbildern, nämlich - der Erschöpfungsdepression, wie sie vor zwei bis drei Jahrzehnten noch häufig diagnostiziert wurde und - dem Burnout-Syndrom, wie es derzeit immer öfter diagnostiziert wird, auch wenn dafür aus der Sicht der ton-angebenden Institutionen (WHO, APA) und der entsprechenden Lehrbücher noch keine "Berechtigung" gegeben ist. Denn dafür ist in der Regel ein langer Weg vorgesehen. Trotzdem: Krankheiten bzw. die jeweiligen zeit-typischen Modifikationen eines Leidens (in der Seelenheilkunde dürfte es außer medikamentösen Nebenwirkungen keine völlig neuen Leidensbilder geben) entstehen nicht am Schreibtisch, nicht im Hörsaal, nicht in den Experten-Gremien, sondern im Alltag. Und als erstes erreichen sie die Sprechstunde des Allgemeinarztes, des Internisten, des Orthopäden, Gynäkologen und anderer medizinischer Disziplinen, und nur selten den Psychiater, selbst wenn er der dafür zuständige Facharzt ist. Denn der wird erst mit einer meist erheblichen zeitlichen Phasenverschiebung mit einem "neuen" oder zumindest bisher nicht lehrbuchmäßig etablierten "Leidensmusters" konfrontiert (also eines Phänomens, das noch nicht in den allseits anerkannten Krankheits-Status aufgestiegen ist). Das kann Jahre dauern, eine lange, ggf. qualvolle Zeit, die keinesfalls zum Vorteil der Betroffenen ausfällt. Und es wird noch einmal seine Zeit dauern, bis dann die entscheidenden "Meinungsbildner" (Opinionleader) über ihre ambulante Sprechstunde (und nicht über die stationäre Behandlung in der Klinik, die ist naturgemäß den "schwereren" Fällen vorbehalten) einbezogen werden. Damit festigt sich dann langsam die wissenschaftliche Basis (was, wann, wo, wie, warum?). Und die über die entsprechenden Publikationen und Vorträge in den Kliniken, auf Kongressen, Seminaren, Kursen und in Ärztekreisvereinen notwendigen Kenntnisse zu Diagnose und Therapie in allen anderen damit konfrontierten Fachbereichen. Das ist ein langer und oftmals schwieriger Weg. Und wenn es heute auch etwas schneller zu gehen scheint, so kommt es doch auf eine unnötige Belastung für jene Betroffenen hinaus, die in diese Phase der Unsicherheit fallen (s. o.). So auch bei der Depression im allgemeinen und der Erschöpfungsdepression im speziellen. Letztere geht vor allem auf die Erfahrungen der Psychiatrie-Professoren Paul Kielholz (Psychiatrische Universitätsklinik Basel) und Günter Hole (früher Basel, später Universität Ulm/Ravensburg-Weissenau) zurück und geriet zeitweise sogar zu einer tatsächlich unkritisch überzogenen "Mode-Diagnose", weil man sich in vielen Fällen nicht ausreichend gründlich mit den damals erarbeiteten klinischen Grundlagen auseinander setzte. Um was handelt es sich hier? Nachfolgend also zuerst ein Überblick über die Erschöpfungsdepression, anschließend über das Burnout-Syndrom. DIE ERSCHÖPFUNGSDEPRESSION Nichts ist also völlig neu, auch nicht in der Seelenheilkunde. Deshalb wurden schon im 19. Jahrhundert zur Entstehung depressiver Erschöpfungszustände so modern anmutende Ursachen diskutiert wie fehlende Erholung, schwierige Geschäftslage, aufreibende Pflege kranker Angehöriger oder "sonstige Kümmernisse", unter die man alles andere zusammenfasste. Besonders Mitte des 20. Jahrhunderts konnte die Erschöpfungsdepression hinsichtlich Ursachen, Beschwerdebild und Verlauf sowie entsprechender Persönlichkeitsstruktur genauer erforscht werden. Daran knüpften sich dann nicht nur rasche Diagnose und gezielte Therapie, sondern auch wirksame Vorbeugungsmaßnahmen. Vor allem wurde bald deutlich, dass es sich hier um eine jahrelange seelisch-körperliche und psychosoziale Dauerbelastung handelt, wobei der psychischen Komponente die größere Bedeutung zukommt. Vielfältige Ursachen - geschlechtsspezifisch Die Ursachen und Hintergründe sind vielfältig, weisen aber interessante Unterschiede auf, vor allem je nach Geschlecht: - So überwiegen bei Männern berufliche Konflikte: z. B. Übergangenwerden bei Beförderungen, Angst vor Versagen, Zeitnot, ständige Stress-Situationen, folgenschwere Entscheidungen, ferner lärmendes, gehetztes Arbeitsmilieu, Existenz- und Konkurrenzkämpfe u. a. Auf der anderen Seite aber auch eine Beförderung, die entsprechende Überforderungen nach sich ziehen kann. Bisweilen auch Partner- und Familienprobleme sowie weitere Schwierigkeiten. Hier am ehesten aber als Folge entsprechender psychosozialer Schwierigkeiten, die ihr Opfer dann allerdings auch von allen Seiten erdrückt ("Kerze, die an zwei Seiten abbrennt", wie beim Burnout). - Beim weiblichen Geschlecht sind es in erster Linie zwischenmenschliche Nöte, insbesondere Familienprobleme und sexuelle Konflikte. Hier resultiert die Überforderung meist aus der Doppelbelastung durch Haushalt und Halb- oder Ganztagsarbeit, vor allem wenn sie als unbefriedigend oder erzwungen empfunden wird. Auch finanzielle Sorgen können eine Rolle spielen. Noch mehr aber mangelnde Aussprachemöglichkeit (heute redet nur noch jeder von sich selber, keiner hört dem anderen mehr zu), Vereinsamung und Entwurzelung (die es auch einmal bei gesellschaftlich, beruflich und familiär voll integrierten und durchaus erfolgreichen Menschen geben kann - innerlich). Wie an der Art der Ursachen schon erkennbar, sind vor allem die mittleren Lebensjahrzehnte betroffen. Frauen scheinen häufiger als Männer zu erkranken, doch das war schon immer fraglich. Denn das weibliche Geschlecht ist offener und vor allem therapiewilliger, was sich natürlich in der Statistik niederschlägt und ein wahrscheinlich falsches Bild vermittelt. Charakteristische Persönlichkeitsstruktur? Die Persönlichkeitsstruktur der Patienten mit einer Erschöpfungsdepression weist gewisse Wesensmerkmale und Charakterzüge auf, die sich auch bei anderen Stress- und Überforderungsreaktionen finden lassen (nebenbei auch beim Burnout-Syndrom - siehe später), besonders folgenschwer aber eben bei der Erschöpfungsdepression. Diese Menschen sind oft ehrgeizig, übergewissenhaft (manchmal sogar ein wenig zwanghaft), häufig aber zugleich von einer folgenreichen Entäußerungsschwäche geschlagen, die sie daran hindert, sich nötigenfalls konsequent zu wehren, zumindest aber darüber entlastend zu sprechen. Sie schlucken alles und haben doch nur gering ausgeprägte Fähigkeiten, Enttäuschungen, Frustrationen (vom Lateinischen: frustra = vergebens), Kümmernisse, Sorgen, Kränkungen und Demütigungen zu ertragen. Je stärker dieser Grundcharakter von neurotischen Zügen geprägt ist, desto geringer müssen die seelischen und vor allem psychosozialen Belastungen ausfallen, um eine depressive Entwicklung im Sinne einer Erschöpfungsdepression in Gang zu bringen. Wie bei den Ursachen und Hintergründen, so lassen sich auch in der Persönlichkeitsstruktur mehr oder weniger ausgeprägte geschlechtsspezifische Schwerpunkte feststellen: - Männer scheinen eher selbstsicher und ich-bezogen, aufstrebend und perfektionistisch, hieß es schon früher in den ersten wissenschaftlichen Abhandlungen. Oft handelt es sich um leitende Persönlichkeiten (zumeist der zweiten Ebene, der so genannten "Sandwich-Position", die von oben und unten Druck bekommt), die ständig hohe Verantwortung tragen und wichtige Entscheidungen treffen sollen, obgleich sie nicht immer bei der Konzeption gefragt werden, d. h. manches zu vertreten haben, was sie auf Grund ihrer fundierteren Kenntnisse durchaus anders geplant hätten, später aber weitgehend alleine "ausbaden" müssen. Diese Opfer schaffen sich dann auch noch zusätzlich Probleme, indem sie die anfallenden Aufgaben nur ungern an andere delegieren ("was man nicht selber macht ..."). Dahinter steht aber nicht nur eine überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft, sondern auch der unbewusste oder doch uneingestandene Zwang, sich dauernd zu betätigen und damit zu bestätigen. Daraus erwächst die Gefahr, sich leistungsmäßig zu übernehmen, charakterisiert durch die klassischen Überforderungssymptome Nervosität, Getriebenheit, innere Unruhe, Klagen über seelisch-körperlichen und schließlich psychosozialen Verschleiß und letztlich Leistungsabfall trotz verstärkter Anstrengungen (Einzelheiten siehe das Burnout-Syndrom mit wiederum erstaunlichen Parallelen). - Frauen mit einer Erschöpfungsdepression sind meist von überempfindlichem, schwernehmendem, gelegentlich etwas kindlich wirkendem Charakter, mitunter schüchtern und gehemmt, jedenfalls ebenfalls entäußerungsschwach ("tragen ihr Herz nicht auf der Zunge"). Oft fehlt ihnen damit auch die Grund-Fähigkeit, sich zur Wehr zu setzen, im Alltag, hier und jetzt. Sie lassen sich alles aufbürden, fühlen sich häufig unverstanden und geraten trotz ihrer offenen Wesensart nicht selten in eine innere und zuletzt auch äußere Isolation. Ihr Leidensbild ist vor allem geprägt durch Angst, innere Unsicherheit, Resignation und mitunter auch ein Misstrauen, das zwar einerseits auf reale Enttäuschungen, Frustrationen und vielleicht sogar noch Unaufrichtigkeiten zurück geht, andererseits natürlich einen unseligen Teufelskreis in Gang bringen kann. Charakteristischer Krankheitsverlauf Erschöpfungsdepressionen wurden schon früher gerne mit Erschöpfungszuständen oder Erschöpfungsreaktionen verwechselt. Das ist ein großer Fehler. Denn erschöpft war schon jeder, aber eine Erschöpfungsdepression ist etwas anderes, wie gleich deutlich wird. Denn hier geht es um einen längeren Zeitrahmen, d. h. über mehrere Jahre hinweg, und vor allem um verschiedene Krankheitsphasen. Was heißt das konkret? 1. Überempfindlichkeit und reizbare Schwäche Die erste Phase ist die der Überempfindlichkeit und reizbaren Schwäche: Sie erstreckt sich über Monate bis Jahre und ist gekennzeichnet durch (häufig auch noch wetterabhängige) innere Unruhe, Anspannung, Nervosität, Fahrigkeit, Miss-Stimmung, Einschlafstörungen (= Abschaltstörungen) und unruhigen Schlaf mit oft belastenden Träumen. Ferner durch Merk- und Konzentrationsschwäche, ja gelegentlich peinliche Vergesslichkeit, schnelle Ermüdbarkeit, eigenartige Mattigkeit, schließlich Leistungsrückgang. Nicht selten ist eine ungewöhnliche, früher offensichtlich nicht (so) störende und jetzt alle irritierende "Impulsivität" oder "Unbeherrschtheit", je nach dem, wie man diesen "neuen Wesenszug" zu umschreiben versucht. Oder kurz: Die erwähnte "reizbare Schwäche" durch unbeherrschte Gefühlsausbrüche, leichte Erregbarkeit, häufige Verstimmungen, ja (explosible, auf jeden Fall schlecht steuerbare) Reizbarkeit und Aggressivität. Dies wird zuerst in Partnerschaft und Familie, schließlich auch in Freundeskreis und Nachbarschaft, zuletzt am Arbeitsplatz deutlich. Dort wirkt es sich zuerst bei Untergebenen, später auch bei gleichgestellten Kollegen aus und erfasst schließlich sogar den Umgang mit Vorgesetzten, was die zu erwartenden unangenehmen Konsequenzen zu haben pflegt. 2. Psychosomatische Phase Doch es geht weiter (wenn man nicht rechtzeitig etwas dagegen unternimmt): In der zweiten, der psychosomatischen Phase greift die gefühlsmäßige Spannung auf den körperlichen Bereich über, gemäß der Definition von "psychosomatisch = unverarbeitete seelische und psychosoziale Konflikte äußern sich im körperlichen Bereich." Und auch das geht viele Monate bis mehrere Jahre. Meist entwickeln sich vielfältige, oft rasch wechselnde vegetative und funktionelle Beschwerden, oft unbestimmt-allgemeiner Art, die sich aber häufig auch auf schon vorbestehende organische Schwachpunkte aufpfropfen: - Kopf (Kopfdruck) Die Reaktion der Betroffenen kann zwar individuell unterschiedlich ausfallen, bleibt aber in der Regel nicht aus: Manche schlagen sich tapfer durch, bis sie "einfach nicht mehr können". Bei anderen kommt es schon früh zu hypochondrischen Befürchtungen mit einer wachsenden Krankheitsangst, denn kein Spezialist findet etwas (bestenfalls so genannte "Mini-Befunde", die zwar zu keiner Diagnose berechtigen, dafür den kostspieligen Spezialisten-Kreislauf in Gang bringen). Die Folgen sind bekannt, bis hin zum "doctor-hopping" oder gar "doctor-shopping". Aber auch verhängnisvolle Selbstbehandlungsversuche mit Alkohol oder medikamentöser Betäubung (aus eigenen alten oder fremden Arzneimittel-Beständen). Und schließlich hilflose Resignation oder gar Verzweiflung. Jetzt ist der Punkt erreicht, wo es nur noch irgend eines Auslösers bedarf, um die eigentliche "Erschöpfungsdepression im Wartestand" zum Ausbruch zu bringen. Solche Auslöser sind vor allem seelische, psychosoziale, aber auch körperliche Belastungen, die unter normalen Umständen eigentlich problemlos überstanden worden wären - nur nicht jetzt, wo der Betroffene ohnehin schon auf "dünnem Eis" steht. Beispiele: Infektionen, leichtere Unfälle (besonders Schädel-Hirn-Traumata), Geburten, Operationen, Schwangerschaften (oder -abbrüche) u. a. Ja, das auslösende Ereignis kann sogar positiver Natur sein, z. B. Urlaub, bestandenes Examen, Beförderung, glücklicher Ausgang eines langwierigen Gerichtsverfahrens u. a., womit vor allem eines deutlich wird: was "innerer Stress" ist, entscheidet selten das Umfeld ("sei doch glücklich und zufrieden") und nicht einmal der eigene Verstand, sondern ein mehrschichtiges seelisch-geistig-psychosomatisches Gefüge im "eigenen Inneren", was sich nicht so leicht (rational und zumindest strategisch) manipulieren lässt. 3. Depressive Phase Jedenfalls droht dem Betroffenen jetzt die letzte, die schwerste, die depressive Phase: Je nach Schwere des Zustandsbildes kann sie von sehr unterschiedlicher Dauer sein, meist jedoch ausgesprochen langwierig (z. B. länger als die "biologischen" oder früher "endogen" genannten klassischen Depressionen (Melancholia), die "nur" einige Monate, selten länger anzuhalten pflegen). Die Erschöpfungsdepression in ihrer depressiven Phase ist ein hartnäckiges Leiden. Schließlich trifft sie auf einen bereits langfristig vorbelasteten Patienten (wenngleich unerkannt), weshalb der Betroffene in der Regel kaum mehr irgendwelche Reserven zu mobilisieren vermag ("der Topf ist leer"). Deshalb entwickelt sie auch ein besonders unheilvolles Beschwerdebild mit vielen, scheinbar nicht zusammenpassenden Symptomen, was alle Beteiligten verwirrt und die rechtzeitige Diagnose noch mehr verzögert. Am deutlichsten werden dabei ängstlich-depressive Züge, verbunden mit innerer Unruhe, Entschlusslosigkeit, kognitiven (geistigen) Störungen (Merk- und Konzentrationseinbußen, ja sogar "lähmende Vergesslichkeit") u. a. m. Zermürbend sind auch Versagens- und Unfähigkeitsgefühle (beruflich natürlich eine Katastrophe), Schlafstörungen (schleichendes Schlafdefizit mit fortschreitender Schwächung), vermehrte Schmerz- und Lärmempfindlichkeit sowie schließlich vielfältige Krankheitsbefürchtungen ("wenn niemand was findet, muss es besonders bedrohlich sein..."). Weitere Einzelheiten siehe die Kapitel über Depressionen. Die tiefgehende Beeinträchtigung von Wohlbefinden und Vitalität kann schließlich so ausgeprägt sein, dass eine Erschöpfungsdepression im letzten Stadium tatsächlich wie eine schwere endogene Depression wirkt - nur länger. Und die sich offensichtlich auch nicht von selber aufzuhellen scheint, wie das bei selbst ausgeprägteren und langanhaltenden Depressionen nach einigen Monaten erhofft werden darf. Einzelheiten zu Prävention (Vorbeugung), Therapie und ggf. Rehabilitation siehe das gemeinsame Kapitel am Ende: Was kann man tun? Nachfolgend eine kurz gefasste Übersicht zum Thema Burnout. DAS BURNOUT-SYNDROM Burnout ist zwar heute in aller Munde, wird inzwischen auch als ernsthafte Gefahr erkannt ("Schwelbrand, gefährlicher als ein offenes Feuer, das man wenigstens rasch erkennt und gezielt bekämpft"), aber neu ist es nicht, im Gegenteil: Wie schon angedeutet, berichtete bereits das Alte Testament vom Propheten Elias und seiner "Elias-Müdigkeit", einem klassischen Burnout-Syndrom im heutigen Sinne. Und auch J. W. v. Goethe verließ seinen schon in jungen Jahren erworbenen Ministersessel in Weimar und floh nach Italien, weil er dichterisch auszutrocknen drohte. Glücklicherweise nahm ihm das sein Arbeitgeber, Herzog Karl-August von Weimar nicht übel. Er ermunterte ihn sogar, sich ausgiebig zu erholen und dichterisch zu reaktivieren und dann regeneriert wieder zurückzukommen. Goethe hatte eben oftmals Glück in seinem Leben. Selbst in der Belletristik fehlt es nicht an Beispielen. Die bekanntesten sind der Senator Thomas Buddenbrook in Thomas Mann's gleichnamigen Roman. Oder der Begriff Burnout in Graham Green's Erzählung "A Burn Out Case". Auch im deutschen Schrifttum der Sozialpsychologie und -psychiatrie gab es schon früher Begriffe, die auf ein entsprechendes Beschwerdebild hinwiesen. Dazu gehören die "Betriebsneurose" und das "Helfer-Syndrom", die beide klassische Merkmale des "Ausgebranntseins" aufweisen (und übrigens erst populär wurden, nachdem sie aus dem englischsprachigen Schrifttum "rückimportiert" wurden). Im Weiteren die mehr oder weniger verwandten und hinreichend definierbaren Fachbegriffe psycho-physischer Erschöpfungszustand, chronische nervöse Erschöpfung, melancholische Erschöpfung, Erschöpfungsreaktion, die Psychasthenie, die Neurasthenie sowie die später etwas konkreter gefasste Erschöpfungsdepression. Bei allen diesen Störungen kommt es zu einem vergleichbaren Beschwerdebild, und zwar durch ein kompliziertes Wechselspiel von Persönlichkeitseigenschaften sowie Umweltfaktoren, wobei die Gewichtung recht unterschiedlich ausfallen kann, je nach Blickwinkel. Auf jeden Fall führt es in eine verhängnisvolle seelische, körperliche, psychosoziale und hier vor allem berufliche Sackgasse. Selbstverbrenner - Verschlissene - Trittbrettfahrer Nach und nach versuchte man das Burnout-Syndrom deshalb etwas genauer zu differenzieren:
Welche Berufe sind am häufigsten betroffen? Früher war vor allem von "helfenden Berufen" die Rede. Später von "Menschen, die mit anderen Menschen zu tun haben". Heute wird niemand mehr ausgespart, das Berufsspektrum erstreckt sich von Anwalt bis Zahnarzt. Eine Auswahl der Berufe, von denen immer wieder die Rede ist, siehe Kasten.
Ein wichtiger Zusatzfaktor ist die Beschäftigungsdauer: je länger, desto eher. Inzwischen gilt aber auch hier: Zwar gibt es Schwerpunkte, aber möglich ist jede Verlaufsform. Kritisch, und dabei bleibt es bis heute, wird es vor allem dann, wenn zu hohe (d. h. unrealistische) Erwartungen an den Berufserfolg gestellt werden. Was kann an äußeren Belastungen zum Burnout führen? Zu Ätiologie (Krankheitsursache) und Pathogenese (Krankheitsverlauf) besteht bisher kein einheitliches Meinungsbild. Wenn man aber ganz schlicht die am häufigsten beklagten Belastungsfaktoren zusammenzählt, kommen schon immer wieder die gleichen Ursachen zur Sprache (Einzelheiten siehe Kasten). Interessanterweise ist dabei auch eine wichtige Therapiesäule, nämlich die Ärzteschaft, nicht ausgenommen. Dort soll das Burnout-Syndrom inzwischen ganz besonders verhängnisvoll wüten.
Warn- und Alarmsignale Der Beginn einer Burnout-Krise erscheint erst einmal positiv: Viele Burnout-Betroffene gelten in der Tat als aktiv, dynamisch, zupackend, ideenreich, engagiert bzw. überengagiert: vermehrter Einsatz, freiwillige Mehrarbeit, (subjektiver) Eindruck der eigenen Unentbehrlichkeit, das Gefühl, eigentlich nie mehr richtig Zeit zu haben, damit wachsende Verleugnung eigener Bedürfnisse. Vielleicht sogar eine heimlich zunehmende Beschränkung zwischenmenschlicher Kontakte, und zwar von außen nach innen: Arbeitskollegen, Nachbarn, Bekannte, Freunde, Verwandte, enge Angehörige, Partner. Oft findet sich auch die zwiespältige Fähigkeit, zumindest aber der Versuch, Misserfolge und Enttäuschungen einfach nicht wahrnehmen zu wollen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Mit anderen Worten: Viele jener an sich guten Eigenschaften stellen sich bei näherer Betrachtung als Fußangeln, wenn nicht gar als Fallgruben heraus. Nach und nach wird das (Über-)Engagement auch durch eine sich langsam, aber unerbittlich ausbreitende Erschöpfungsphase gleichsam ausgebremst: Jetzt drohen verminderte Belastbarkeit, wachsende Stimmungslabilität und vor allem eine bisher nicht gekannte Erholungsunfähigkeit ("komme nicht mehr auf die Füße"). Auch eine sonderbare und vor allem zunehmende Infektanfälligkeit gehört dazu, meist ständige banale Erkältungen und Grippeinfekte. Die Betroffenen werden müde, z. B. im Sinne einer eigenartigen, alles durchdringenden Mattigkeit (wie sie nebenbei das höhere Lebensalter generell kennzeichnet), in Fachkreisen auch als Tagesmüdigkeit oder chronische Müdigkeit bezeichnet. Am Schluss drohen sogar rasche Erschöpfbarkeit und schließlich regelrechte Kraftlosigkeit. Dazu kommt ein sonderbares Phänomen, nämlich "müde, matt und abgeschlagen" nach außen, innerlich aber unruhig, nervös und gespannt, mitunter sogar reizbar und gelegentlich aggressiv. So etwas hat man früher sehr treffend als "reizbare Schwäche" bezeichnet. Das Ganze mündet schließlich in einen Endzustand, der durch Resignation, Entmutigung, verringerte Frustrationstoleranz, leichte Kränkbarkeit, Niedergeschlagenheit, schließlich sogar durch Minderwertigkeits- und Versagensgefühle gekennzeichnet ist. Die Sichtweise der Betroffenen wird schwernehmend, pessimistisch, ja von Negativismus oder Fatalismus geprägt. Man erkennt diese Menschen angesichts ihres früheren Auftretens kaum wieder. Psychosoziale Konsequenzen Das hat Folgen: Langsam, aber stetig wird das gesamte Leistungsvermögen regelrecht abgebaut: die Motivation, die Kreativität, die Gedächtnisleistung, d. h. es behindern immer häufiger Merk- und Konzentrationsstörungen, ja regelrechte Vergesslichkeit. In diese Zeit fallen auch die ersten ernsteren körperlichen Beschwerden ohne nachweisbaren Grund. So kann es nicht ausbleiben, dass sich schließlich auch Partner- oder Eheprobleme, zuletzt allgemeine familiäre Schwierigkeiten dazu gesellen. Jetzt beginnt der Betroffene wie eine Kerze an beiden Seiten abzubrennen. Auch zu Hause gibt es nämlich keine Rückzugs- und Erholungsmöglichkeiten mehr. In diese Zeit fällt deshalb auch nicht selten ein wachsender Alkohol-, Nikotin- und Kaffee-Konsum, möglicherweise sogar ungesteuerte, weil verzweifelte und vor allem nicht ärztlich kontrollierte Selbstbehandlungsversuche mit Beruhigungs-, Schmerz- und Schlafmitteln aus fremden und früheren Beständen. Denn der Arzt wird selbst in diesem Stadium nur selten hinzugezogen, und wenn, dann unter vorgeschobenen, d. h. im Grunde irrelevanten und damit irreführenden Voraussetzungen bzw. Klagen.
Berufliche Einbußen Einige der schwerwiegendsten Konsequenzen aber konzentrieren sich auf den Arbeitsplatz. Natürlich reagiert jeder anders, aber immer wieder zu hören sind folgende Charakteristika: Desillusionierung, Gefühl von Widerwillen, Ärger, Versagen, ggf. Entmutigung; Gleichgültigkeit; Schuldgefühle; negative Einstellung mit wachsendem Widerstand, täglich zur Arbeit zu gehen; ständiges Auf-die-Uhr-Sehen im Dienst; Fluchtphantasien und Tagträume; Überziehen von Arbeitspausen, verspäteter Arbeitsbeginn, vorverlegter Arbeitsschluss und wachsende Fehlzeiten; Verlust von positiven Gefühlen gegenüber Patienten, Klienten, Schülern, Kunden usw.; deshalb vermehrte Verschiebung von entsprechenden Kontakten; innerer Widerstand gegen Anrufe und Besuchstermine; heimlich einschleichender Dienst nach Vorschrift; Stereotypisierung von Klienten, Patienten u. a. ("ist doch immer das gleiche ..."); Unfähigkeit, sich auf die anderen zu konzentrieren, ihnen geduldig zuzuhören; vermehrt tadelnde, negative, reizbare oder gar aggressive Einstellung den anderen gegenüber; Vermeidung von Diskussionen mit Mitarbeitern und Vorgesetzten; immer öfter mit sich selber beschäftigt; zunehmend unbewegliche, ja starre Denkkategorien; misstrauischer Widerstand gegen jegliche Veränderungen im Betrieb, manchmal fast wahnhaft anmutende Reaktionen; damit wachsende Rückzugsneigung und Isolationsgefahr u. a.
Nach außen äußert sich diese verhängnisvolle "Abwehrstrategie" gegenüber der inzwischen ungeliebten Berufsaufgabe oft darin, dass der Kontakt zu Patienten, Kunden, Schülern usw. immer mehr vom menschlichen Aspekt weggerückt und zum "Fall" degradiert wird, zum "Vorgang", zur "Bearbeitungs-Nummer" usw. Das Subjekt sinkt zum Objekt herab. Damit erlöscht aber auch die innere Beziehung. Die ursprünglich positiven Gefühle werden ins Negative verkehrt. Es kommt zu einer ungewohnten seelischen Verhärtung und schließlich sogar Verflachung des Gemütslebens (bei aber unveränderter oder wachsender Kränkbarkeit für die eigenen Belange).
Das Ende Das ist natürlich keine gute Strategie. Vor allem fällt sie auf den Betroffenen zurück. Jetzt schwindet nämlich auch das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, die erworbenen Kenntnisse, die langjährigen Erfahrungen. Minderwertigkeitsgefühle, Unsicherheit, Gleichgültigkeit und depressive Verstimmungen greifen um sich. Die Arbeit liefert ohnehin kein Erfolgsgefühl mehr. Die Verlagerung des Interesses auf die Freizeit ("Aufblühen am Wochenende") ist zweischneidig. Das Wochenende dient eigentlich der Erholung und Bereicherung, nicht der Kompensation von "5 Werktagen Frust". Was übrigbleibt, ist eine sonderbare Mischung aus Widerwillen, Resignation, Selbstmitleid, Bitterkeit, Reizbarkeit, Aggressivität, Negativismus, Ressentiments, Misstrauen, Deprimiertheit, Angst, bisweilen sogar Panikbereitschaft. Die Entwertung der anderen schlägt um in die Entwertung der eigenen Person. Spätestens jetzt erdrücken die schon lange belastenden körperlichen Beschwerden, die nach wie vor durch keinen organischen Befund gestützt werden können (obgleich man vielleicht von einem Facharzt zum anderen gewandert ist, ausgedrückt in dem modernen Begriff "doctor shopping"): Am häufigsten sind es Schlaf-, Appetit- und sexuelle Störungen, Kopfschmerzen (vor allem ein dumpf-diffuser, manchmal helm-, manchmal reifenartiger Kopfdruck, beim einen mehr im Bereich der Stirn, beim anderen im Hinterhauptsbereich lokalisiert). Ferner Beschwerden von Wirbelsäule und Gelenken, Magen-Darm-Leiden, Herz- und Kreislaufbeschwerden sowie die bereits erwähnte erhöhte Anfälligkeit für Infektions- (vor allem Erkältungs-)Krankheiten - je nach individuellem organischen Schwachpunkt. Der Betroffene fehlt immer häufiger am Arbeitsplatz. Aber jetzt nicht mehr aus rein seelischen oder psychosozialen, sondern auch aus organischen oder treffender: psychosomatischen Beschwerden (unverarbeitete seelische Probleme, die sich im körperlichen Bereich äußern und keinen krankhaften Befund ergeben, mit Ausnahme der üblichen "Grenzbefunde", die jeder hat). Das läutet die letzte Runde dieses Teufelkreises ein, der dann lautet: abnehmende Arbeitsmoral und damit Qualitätsverlust der eigenen Leistung à innere Kündigung à seelischer Einbruch mit zahlreichen körperlichen Symptomen ohne nachweisbare Ursache à entgleiste Selbstbehandlungsversuche mit Genussmitteln und Medikamenten à zusätzliche Partner- und Familienprobleme à längerfristige Krankschreibungen wegen unklarem Krankheitsbild à Gefahr der Kündigung à Verzweiflung mit gesamthaft negativer Einstellung, zumindest aber Unerfülltheit, Hoffnungslosigkeit, Gefühl der Sinnlosigkeit, ggf. sogar Selbsttötungsgedanken à existentielle Gefährdung. WAS KANN MAN TUN? Was kann man dagegen tun bzw. wie kann man eine solche Entwicklung, ob Erschöpfungsdepression oder Burnout genannt, schon im Vorfeld verhindern? Dazu gibt es eindrucksvolle Therapie-Schemata, aber auch wiederum ganz einfache bzw. realitätsgerechte Empfehlungen, die durch ihre Schlichtheit leider wenig beeindrucken und noch weniger zur Nachahmung anregen - zu Lasten der Betroffenen. Aber sie sind wirkungsvoll, wenngleich zuerst "nur hinter dem Komma", durch beharrliche Konsequenz und damit langfristig effektive Summation jedoch gesichert, und wenn es lediglich dem Faktor "Eigen-Initiative" zugute kommt. Um was geht es? Das Wichtigste ist das rechtzeitige Erkennen und vor allem Anerkennen, d. h. Akzeptieren dieser Leiden. Das hört sich erst einmal so an, als wolle man an die versprochenen vorbeugenden therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen nicht so recht herangehen (in der Tat: die Vorbeugung ist im Allgemeinen erfolgreicher als die Therapie, wenn der Betroffene bereits wirklich am Ende sein sollte). Doch es gibt eine Reihe durchaus überzeugender und damit erfolgreicher Möglichkeiten, allein auf psychosozialem Gebiet (siehe Kasten nach K. Doppler, V. Faust u. a.).
Die beste Therapie ist also sowohl bei der Erschöpfungsdepression als auch bei dem Burnout-Syndrom die rechtzeitige Vorbeugung. Dabei gelten die gleichen prophylaktischen Regeln. Wenn sich aber eine Behandlung als notwendig erweist, und das sollte man schon möglichst früh erkennen, dann kommt man vor allem bei der Erschöpfungsdepression um spezielle Medikamente nicht herum. Manchmal reicht bei leichteren Fällen der Einsatz von psychotropen Pflanzenheilmitteln. Das ist bei der Erschöpfungsdepression das einzige, wirklich antidepressiv wirkende Phytopharmakon, nämlich das Johanniskraut, und zwar in ausreichend hoher Dosierung (nicht unter 3 x 300 mg) und mehrere Monate lang (Einzelheiten siehe das entsprechende Kapitel über Johanniskraut). Und natürlich nur unter ärztlicher Kontrolle. Eine Selbstbehandlung ist gerade bei depressiv getönten Erschöpfungszuständen und zudem noch mit Pflanzenheilmitteln überaus problematisch bis riskant. Und sollte auch noch die unruhig-gespannte, nervöse bis getriebene Seite des Krankheitsbildes aufgefangen werden, dann - wenn Pflanzenheilmittel sein sollen - zusätzlich Baldrian-Präparate (ggf. Baldrian-Hopfen-Melisse-Kombinationen). Aber auch hier ausreichend hoch dosiert und lange genug eingenommen. Aber schon bei mittelschweren oder gar schweren Krankheitsverläufen kommt man auch (oder vor allem !) bei einer Erschöpfungsdepression nicht ohne synthetische (d. h. rein chemische) Psychopharmaka aus. Das sind auch hier Antidepressiva, ggf. unterstützt durch niederpotente, d. h. beruhigende Neuroleptika oder - zeitlich begrenzt - Beruhigungsmittel in niedrigster Dosierung (Tropfenform). Dass in diesem Fall der Arzt doppelt unverzichtbar ist, muss nicht eigens betont werden. Daneben gilt es aber noch weitere Behandlungssäulen zu berücksichtigen, die alle zusammen als Gesamt-Behandlungsplan den Erfolg überhaupt erst möglich machen: Das ist zum einen die Psychotherapie, die Behandlung mit psychologischen Mitteln. Im Falle einer Erschöpfungsdepression am ehesten gesprächspsychotherapeutisch oder verhaltenstherapeutisch orientiert, bei schwierigerem neurotischem Hintergrund (siehe Persönlichkeitsstruktur) aber auch tiefenpsychologisch-analytisch. Hier kommen dann auch zusätzlich soziotherapeutische Unterstützungsmaßnahmen oder Korrekturen zum Einsatz, die am jeweiligen Schwerpunkt bzw. konkreter: Schwachpunkt ansetzen (meist Beruf oder Partnerschaft/Familie). Bei einem Burnout-Syndrom kann u. U. erst einmal ein Coaching ausreichend sein. Dabei handelt es sich um betriebswirtschaftlich geschulte Psychologen aus Instituten für Personalberatung, inneres Management, systematische Führung, angewandte Kreativität, Trendforschung, Unternehmensberatung u. a., die bei der Lösung von Problemen weiterhelfen, die nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern auch individueller, persönlicher Natur sind (Entlastung Aufklärung Anregung). Diese Berater mit doppeltem Auftrag sind allerdings so geschult, dass sie bei leichteren, auf jeden Fall mittelschweren und schweren depressiven und angstgetönten Entwicklungen umgehend einen Facharzt empfehlen, also in der Regel einen Psychiater, Nervenarzt oder Arzt für Psychotherapeutische Medizin. Alles andere ist riskant - nebenbei für beide Seiten. OB ERSCHÖPFUNGSDEPRESSION, BURNOUT ODER . . . Ob der Fachbegriff "Erschöpfungsdepression" nur vor zwei bis drei Jahrzehnten Bedeutung hatte, damals vielleicht auch ein wenig "Mode" war oder nicht, ob es heute das Burnout-Syndrom oder andere Störungen (und ihre Fachbegriffe) sind, eines bleibt bestehen: das stress- und schließlich erschöpfungs-bedingte Leiden der Betroffenen. Und dass gerade die Erschöpfung, ob seelisch, psychosozial oder körperlich ausgelöst bzw. ausgedrückt, das Krankheitsbild der Zukunft sein wird, kann wohl jeder bestätigen, der sich in der Stress-Spirale unserer Zeit ein wenig auskennt - meist aus eigener, bitterer Erfahrung (siehe auch die Kapitel Tagesmüdigkeit und chronische Müdigkeit). Deshalb geht es nicht um Fachbezeichnungen, es geht um die Menschen, die Opfer solcher Entwicklungen. Oder besser: Um das rasche Erkennen, vor allem aber auch Akzeptieren solcher Störungen. Und den Versuch, möglichst früh das Steuer herumzureißen bzw. - wenn es denn sein muss - auch die notwendigen therapeutischen Maßnahmen einzuleiten und durchzuhalten. Dann haben auch ständig wechselnde Fachbegriffe und scheinbare "Mode-Krankheiten" ihren Sinn, wenn sie die Betroffenen und ihr Umfeld nur zum Nachdenken bringen - rechtzeitig. LITERATUR Kein seelisches Krankheitsbild hat eine solche Fülle von Fachbüchern und allgemein verständlichen Sachbüchern anzubieten wie die Depressionen. Aus diesem Grunde ist eine auch nur halbwegs umfassende Aufzählung nicht möglich, letztlich auch nicht nötig, denn das Niveau der meisten, auch der neuen Depressionsbücher ist gut und das Angebot wächst ständig. Das Gleiche gilt inzwischen für das Burnout-Syndrom, allerdings meist populärmedizinisch, denn in wissenschaftlicher Hinsicht braucht es offenbar noch seine Zeit, bis es sich - befriedigend wissenschaftlich belegt - seinen Weg in die Lehrbücher gebahnt hat. Nachfolgend deshalb nur eine Auswahl jener Bücher, in der die Erschöpfungsdepressionen, der eigentliche Titel dieses Beitrags, direkt angesprochen werden, gleichsam als Rückblick und Erinnerung an eine einstmals häufig gestellte Diagnose. Kielholz, P.: Diagnose und Therapie der Depressionen für den Praktiker. Lehmanis-Verlag, München 1971 (eines der ersten deutschsprachigen Depressionsbücher überhaupt und die Grundlage obiger Ausführungen über die Erschöpfungsdepression) Faust, V.: Depressionen. Kurzgefasste Diagnose und Therapie. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 1989 Faust, V.: Depressionsfibel. Gustav-Fischer-Verlag, Stuttgart-Jena-New York 1997 Faust, V.: Schwermut. Depressionen erkennen und verstehen, betreuen und behandeln und verhindern. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart-Leipzig 1999 Faust, V.: Seelische Störungen heute. C.H. Beck-Verlag, München 2000 Faust, V.: Pflanzenheilmittel und seelische Störungen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2000 |
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Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise. |