Prof. Dr. med. Volker Faust Psychosoziale Gesundheit von Angst bis Zwang Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln |
FRÜHDYSKINESIENFrühdyskinesien sind rasch nach Therapiebeginn auftretende, spontane, unwillkürliche, willentlich nicht beeinflussbare Muskelbewegungen, die in der Regel durch hochpotente Neuroleptika (Psychopharmaka mit antipsychotischer Wirkung) ausgelöst werden. Frühdyskinesien sind früh auftretende Bewegungsstörungen, in der Regel durch (hochpotente, stark potente) Neuroleptika (Antipsychotika). Einzelheiten zum Thema Neuroleptika (Antipsychotika) siehe das spezielle Kapitel dieser Serie unter "Neuroleptika" (Word-Datei). Bedeutungsgleiche Begriffe sind extrapyramidale Frühsymptome, paroxysmale Dyskinesien, akutes hyperkinetisches Syndrom, akute Hyperkinesen, akutes dyskinetisches Syndrom, akute dystone Reaktion, akute Dyskinesie, akute Dystonie u. a. Es handelt sich um meist rasch nach Therapiebeginn auftretende, spontane, unwillkürliche, willentlich nicht beeinflussbare Muskelbewegungen, die - zumindest bei der älteren Generation der Neuroleptika (Antipsychotika) - fast jeden Patienten bei dieser Behandlung betreffen sollen. Sie finden sich vor allem im Gesicht, insbesondere im Augen- und Mundbereich, aber auch an Zunge, Schlund, Hals, Nacken, Rücken, Schulter, Rumpf, Armen und Beinen. · Als Vorboten gelten: kloßige Zunge, Pelzigkeits- oder Spannungsgefühl an Lippen, Wangen und Hals-muskulatur, ferner veränderte Wahrnehmung der eigenen Stimme bis hin zu deutlichen Aussprachestörungen, ggf. Zahn-, Rücken- und Muskelschmerzen, Druck auf den Augen u. a. · Das ausgeprägte Beschwerdebild kann sich wie folgt äußern:
Wichtig: Frühe neuroleptikabedingte Bewegungsstörungen sind beunruhigende, behindernde und quälende Nebenwirkungen, die der Patient aber rasch selber bemerkt. Sie können sich bereits innerhalb der ersten Behandlungstage äußern (nach einer Injektion sogar noch früher); aber auch zu einem späteren Zeitpunkt, vor allem nach (abrupter) Dosissteigerung (gelegentlich sogar Dosisreduktion) meist hochpotenter Neuroleptika. Ähnliches droht bei psychischen oder körperlichen Anstrengungen oder wenn der Medikamentengehalt im Blutplasma stark schwankt. Die Bewegungsstörungen gehen jedoch nach Dosisreduktion bzw. entsprechenden "Gegenmitteln" (Akineton®) völlig zurück. · Als Risikofaktoren gelten:
Therapie/VorbeugungVor allem die Dosis individuell anpassen, d. h. entsprechend reduzieren. Die Empfindlichkeit auf (besonders hochpotente) Neuroleptika kann um den Faktor 15 variieren, was man dem Patienten zuvor nicht anzusehen vermag. Wenn die Dosisanpassung nicht befriedigend ausfällt, Umstellung auf ein Neuroleptikum einer anderen Stoffklasse. Ggf. "Gegenmittel", die aber nicht nur die Frühdyskinesien mildern, sondern auch die erwünschte antipsychotische Wirkung unterlaufen können (einschließlich möglicher Suchtgefahr). Am günstigsten bleibt deshalb die individuelle Dosisanpassung. Dabei kann die persönliche "neuroleptische Schwelle", ab der die Nebenwirkungen nicht mehr tolerierbar sind, durch eine einfache Schriftprobe erfasst werden (Schrift wird dann kleiner, steiler, enger, ggf. krakeliger). Bei der neuen Generation von Neuroleptika (Antipsychotika) sind Frühdyskinesien und alle anderen sogenannten extrapyramidalen Nebenwirkungen jedoch deutlich seltener. Einzelheiten siehe das Kapitel Neuroleptika (WORD-Datei). LiteraturInzwischen unüberschaubare Fülle wissenschaftlicher Publikationen und Fach-bücher sowie zunehmend auch verständliche Beiträge und Sachbücher. Manche allerdings nicht immer mit der wünschenswerten Objektivität. Grundlage vorliegender Ausführungen sind die Allgemeinverständlichen Sachbücher:Faust, V.: Psychopharmaka. Arzneimittel mit Wirkung auf das Seelenleben. Trias, Stuttgart 1994 Faust, V.: Medikament und Psyche. Neuroleptika - Antidepressiva - Beruhigungsmittel - Lithiumsalze. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1995 Fachbücher:Faust, V., H. Baumhauer: Psychopharmaka. ecomed, Landsberg 1990 Faust, V., H. Baumhauer: Psychopharmaka. Lose-Blatt-Sammlung 1990 bis 2000. ecomed, Landsberg 1990-2000 Faust, V., H. Baumhauer: Psychopharmaka in Stichworten. ecomed, Landsberg 1992 Faust, V. (Hrsg.): Psychiatrie. G.Fischer-Verlag, Stuttgart, Jena, New York 1996 unter Mitarbeit von Apothekerin Helga Baumhauer |
Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise. |