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INNERE KÜNDIGUNG
am Beispiel des Lehrerberufs

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Was eine Kündigung ist, weiß jeder. Was eine innere Kündigung oder psychologische Kündigung ist, ahnt jeder. Aber was ist es wirklich: seelisch, psychosozial, psychosomatisch, körperlich, beruflich, vielleicht sogar Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, Nachtbarschaft u. a. betreffend? Nachfolgend eine kurz gefasste Übersicht zu diesem heiklen Thema am Beispiel des Lehrer-Berufes. Dabei dominieren natürlich die spezifischen Probleme in dieser Berufssparte; doch das meiste ist auch auf alle anderen beruflichen Situationen übertragbar. Was weiß man also über Ursachen, Persönlichkeitsstruktur, Arbeitsplatz-Belastungen, konkrete Auseinandersetzungen, Klagen, Frustrationen usw., über Verlauf, vor allem aber Beschwerdebild, charakteristische Hinweise und Folgen?

Und ein weiterer, interessanter Aspekt: Wie unterscheidet sich Burnout (erschöpft – verbittert – ausgebrannt) von der inneren Kündigung?

Erwähnte Fachbegriffe:

Kündigung – Innere Kündigung – psychologische Kündigung – Beschwerdebild bei innerer Kündigung – Verlauf der inneren Kündigung – Betroffene durch innere Kündigung – Ursachen der inneren Kündigung – Therapie der inneren Kündigung – Bruch eines psychologischen Vertrages – Equity-Prinzip – innere Kündigung und Lehrer-Klagen – innere Kündigung und Schulleiter-Klagen – innere Kündigung und Lehrer-Schüler-Beziehung – Diagnose einer inneren Kündigung – Charakteristika einer inneren Kündigung – aktive innere Kündigung – passive innere Kündigung – Folgen einer inneren Kündigung: seelisch, geistig, psychosomatisch, körperlich, psychosozial u.a. – psychodynamische Aspekte einer inneren Kündigung – Prozess-Modelle einer inneren Kündigung – Unterscheidung von innerer Kündigung und Burnout – was ist am Arbeitsplatz wichtig – Weiterbildungsthemen – u.a.m.

Es gibt wenig Begriffe aus dem Alltag, die ein so zwiespältiges Gefühl hervorrufen wie das Wort Kündigung. Man kann es drehen und wenden wie man will, es enthält in irgendeiner Form unangenehme, belastende, vielleicht sogar verbitterte bzw. bedrohende Aspekte. Selbst wenn man selber kündigt, von beiden Seiten akzeptiert und der Laufbahn nützlich, enthält es doch eine unwägbare Komponente. Und wenn es unfreiwillig droht, ist natürlich mit einer vielseitigen Gefährdung zu rechnen (wirtschaftlich-finanziell, gesellschaftliche Position, ja sogar Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft u.a.). Dabei ist es – wie erwähnt – ein ganz natürlicher gesellschaftlicher und dabei meist berufs-bedingter Vorgang.

Kündigung: Vom mittelhochdeutschen kündigen = kundtun. Einseitige empfangsbedürftige Erklärung, dass ein Schuldverhältnis, besonders ein Dauerschuldverhältnis (z. B. Miete, Dienstvertrag, Gesellschaftsvertrag) beendet oder wenn eine Leistung fällig werden soll. Für die Kündigungs-Erklärung ist grundsätzlich keine besondere Form erforderlich, doch kann schriftliche Kündigung vereinbart werden (für die Kündigung von Wohnraum grundsätzlich).

Die ordentliche Kündigung des bis auf unbestimmte Zeit eingegangenen Schuldverhältnisses ist an Fristen, beim Arbeitsverhältnis oft auch an Termine gebunden. Die außerordentliche, meist fristlose Kündigung ist zulässig, wenn dem Kündigenden aus wichtigem Grund die Fortsetzung des Schuldverhältnisses nicht bis zum Ablauf der Kündigungs-Frist zugemutet werden kann. Fristlose Kündigung des Arbeitgebers nennt man auch fristlose Entlassung.

Je nach Schuldverhältnis gibt es unterschiedliche Kündigungs-Gründe und -Fristen. Im Interesse des Kündigungs-Gegners wird zur Wirksamkeit der Kündigung zum Teil die Angabe von Kündigungs-Gründen verlangt.

Lexikalische Kurzfassung

Eine besondere Form der Kündigung ist die innere Kündigung. Was versteht man darunter?

Innere Kündigung – Kurzgefasste Übersicht

Wenn man sich zu diesem Thema kundig macht, dann kann man in etwa folgendes lesen oder hören:

Innere Kündigung: populärmedizinischer und inzwischen volkstümlicher Be­griff für ein wachsendes Phänomen im Berufsalltag.

Beschwerdebild: resigniert – deprimierte Reaktion auf meist berufliche Schwierigkeiten. Dabei scheut der frustrierte Mitarbeiter die offizielle Kündigung, wendet sich aber innerlich von Arbeitgeber, Betrieb und vor allem seinen spezifischen Aufgaben ab. Er verweigert dem Unternehmen gleichsam seine Eigeninitiative und Einsatzbereitschaft („halbe Kraft“, „nur noch das Nötigste“, „Dienst nach Vorschrift“).

Verlauf: Demotivation Frustration ? Resignation deprimierte Reaktion innere Abkehr.

Betroffen sind Mitarbeiter jeglicher Schicht und Kompetenzstufe, jedoch weitgehend abhängig von einer entsprechenden Persönlichkeitsstruktur. Arbeitgeber oder Vorgesetzten fällt diese Entwicklung – wenn überhaupt – irrtümlich zuerst positiv auf: Der bisher zum Beispiel kritische Mitarbeiter äußert keine störenden Einwände mehr, Diskussionen und Konflikte gehen zurück. Der „störrische Arbeitnehmer ist endlich zur Vernunft gebracht“.

Ursachen: Vor allem unangemessene Kritik, das Nicht-Berücksichtigen von Verbesserungs-Vorschlägen, das Hineinregieren in den Kompetenzbereich des Mitarbeiters, aber auch ständiges unberechtigtes Maßregeln oder auch nur mangelnde Bestätigung (keine Anerkennung, „Stillschweigen ist Lobs genug“). Der Betroffene hat das Gefühl, man traue ihm nichts zu, könne sich nicht auf ihn verlassen, halte ihn nicht mehr für kompetent, habe ihm im Grunde schon innerlich selber gekündigt. Er resigniert und zieht die Konsequenzen.

Therapie: Eine offizielle Kündigung dieser Mitarbeiter geht am Problem vorbei. Günstiger ist eine (allerdings behutsame und psychologisch geschickte) Re-Motivation durch langsame Rücknahme der besagten Führungsfehler. Allerdings muss auch der Betreffende selber erkennen, akzeptieren und lernen, überzogene Wünsche und falsche Vorstellungen zu korrigieren und sein Leistungs-Niveau soweit anzupassen, wie es seinen Fähigkeiten auch wirklich angemessen ist.

Diese Kurzfassung (aus der kleinen Lexikon-Serie von Volker Faust und Elke Faust: Seelische Störungen – Kleines Psychiatrie-ABC für den Alltag, Teil V (I – K), Wiss. Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2001), sagt zwar einiges aus, doch bleiben bei der üblichen lexikalischen Verdichtung einige Fragen offen.

Nachfolgend deshalb eine etwas ausführlichere Darstellung der Inneren Kündigung im Lehrerberuf, eine fast exemplarische Verbindung, fast möchte man „Verstrickung“ sagen, wie sie Prof. Dr. Edgar Schmitz vom Lehrstuhl für Psychologie der Technischen Universität München, Dr. Peter Jehle und Frau Dipl.-Psych. Bärbel Gayler vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt in dem interessanten Sammelband Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern vorstellen (herausgegeben von H. Hillert und D. Schmitz im Schattauer-Verlag, Stuttgart-New York 2004). Im Einzelnen:

Was heißt innere Kündigung aus wissenschaftlicher Sicht?

Die innere oder psychologische Kündigung stellt im Unterschied zur formalen Kündigung die Verweigerung derjenigen Leistungen dar, die nicht ausdrücklich formal-vertraglich festgelegt sind. Diese Leistungen umfassen u. a. Einsatzbereitschaft, Eigeninitiative und Engagement. So die Einleitung des erwähnten Kapitels.

Dann folgt eine psychologische Definition, nämlich: Innere Kündigung wird als eine kognitiv-emotionale und behaviorale Reaktion (auf Deutsch in etwa: geistige, gefühlsmäßige und verhaltensbedingte Reaktion) auf den Bruch des psychologischen Arbeitsvertrages betrachtet, wobei dieser Vertrag die gegenseitigen ungeschriebenen Verpflichtungen der Vertragspartner bezeichnet.

Der Bruch eines psychologischen Vertrages liegt also in wissenschaftlicher Hinsicht dann vor, wenn der Vertrag von einer der beiden Seiten nicht mehr erfüllt wird. Oder konkreter: Nicht der Vertrag, sondern die subjektive Konstruktion dieser ungeschriebenen Verpflichtungen des Vertrages. Das führt natürlich zu einer Erschütterung des Vertrauensverhältnisses.

Hier spielt das so genannte „Equity“-Prinzip eine Rolle, auf Deutsch: Der Aufwand an Kosten sowie der Nutzen der beiden Vertragspartner muss in einem ungefähren reziproken (wechselseitigen) Gleichgewicht stehen. Dabei muss allerdings etwas bedacht werden, das man auf den ersten Blick gerne übersieht: Natürlich stellt die Störung dieses Gleichgewichts eine Belastung dar. Entscheidend ist aber dabei nicht das Vorliegen eines „objektiven“ Bruchs des psychologischen Vertrages, sondern die subjektive (!) Wahrnehmung eines Bruchs.

Was am Arbeitsplatz wichtig ist *

Festes Einkommen, sicherer Arbeitsplatz, Freude an der Arbeit, Behandlung „als Mensch“, unbefristeter Vertrag, Kollegialität, Gesundheitsschutz, sinnvolle Tätigkeit, Stolz auf die Arbeit sein können, Vielseitigkeit, Mitgestaltung, gute Arbeitsplanung, Weiterentwicklung der Fähigkeiten, Anerkennung und Kritik, Verantwortung, Förderung der beruflichen Entwicklung, Verständnis für individuelle Probleme, regelmäßige Einkommenssteigerungen, Analyse von Arbeitsfehlern, Unterstützung durch Vorgesetzte, Konzentration auf Aufgaben, kein Leistungswettbewerb, Mitspracherechte, Einfluss auf Arbeitspensum, Nichtraucherschutz u. a.

* In abnehmender Häufigkeit von 92 auf 57 %, Mehrfachnennungen möglich
** Kursive Hervorhebungen als Hinweis auf besondere psychosoziale Aspekte heute

Quelle: INIFES, Stand 2004

Das ist ein großer Unterschied, jedenfalls in vielen Fällen ausgeprägter, als sich die eine oder andere Seite zugestehen mag. So wird in der Forschung immer wieder darauf hingewiesen, dass innerlich Kündigende dazu neigen, die Situation zu ihren Gunsten umzugestalten, um sie für sich wieder gerechter werden zu lassen (siehe „Equity“-Prinzip).

Innere Kündigung im Lehrerberuf

Natürlich gibt es zahlreiche Berufe, die als Beispiel herangezogen werden könnten. Dazu liegen auch entsprechende Studien vor. Besonders interessant ist allerdings der Lehrerberuf. Zum einen ist die Zahl der Betroffenen – rein statistisch gesehen – besonders groß und zum anderen trifft es eine höchst heikle Berufsgruppe, nämlich diejenigen, denen unsere Kinder und damit die Grundlage unserer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zukunft anvertraut ist. Deshalb gibt es zu diesem Thema auch eine wachsende Zahl von Untersuchungen, wie sie nachfolgend durch D. Schmitz, P. Jehle und B. Gayler vorgestellt und hier kurz gefasst referiert werden sollen:

Vertragspartner beim psychologischen Vertrag im Schulbereich sind u. a. also Lehrpersonen und Schulleiter. Das ist zwar eine spezifische Konstellation, doch wird man bald merken, dass sich dies auch auf eine Reihe anderer Bereiche übertragen lässt: Geschäftsführer/Direktoren/Abteilungsleiter/sonstige Vorgesetze gegenüber MitarbeiterInnen in jeglicher Position und in jeglichem Berufszweig.

Die Inhalte des psychologischen Vertrages seitens der Lehrpersonen besagen nun aus Lehrersicht: Schulleiter sind dazu verpflichtet, Lehrpersonen bei wichtigen Entscheidungen einzubinden, sie „objektiv“ zu beurteilen, ihnen freien Entscheidungs- und Handlungsspielraum zu gewähren sowie die Arbeit und Eigeninitiative zu akzeptieren, ohne Rechtfertigungs-Druck auszuüben. Das sind Forderungen, die auch praktisch alle anderen Berufsgruppen an ihre Vorgesetzten stellen.

Ferner sind Schulleiter verpflichtet, den Arbeitseinsatz lobend anzuerkennen, auch frühzeitig über Wichtiges zu informieren, Fortbildung nach eigener Wahl zu ermöglichen, schwierige Probleme gleichberechtigt zu diskutieren, neue pädagogische Methoden zu unterstützen und nicht zuletzt die Höher-Gruppierung vorzunehmen. Auch hier kann man wieder sagen: Praktisch alles auf andere Berufsgruppen übertragbar, wenn man die Fachbezeichnung „pädagogische Methoden“ entsprechend anpasst.

Schließlich erwarten Lehrer einen kooperativen Führungsstil mit fachlicher Einbindung in die Entscheidungsprozesse.

Klagen der Lehrer

Wie sieht es nun mit der Realität aus? Tatsächlich – so die Experten – klagen die Lehrer über Belastungen in ihrem Beruf, die meistens von den Schulleitungen ausgehen. Beispiele:

  • ich ärgere mich häufig über den Schulalltag (zwei Drittel aller erfassten Lehrer in entsprechenden Studien)
  • an mir bleibt viel Unangenehmes hängen
  • die Schulleitung entscheidet ohne Absprache mit dem Kollegium; die Schulleitung befiehlt gerne (etwa jeder vierte Lehrer)
  • der Schulleiter ändert Arbeitsgebiete und Aufgaben der Kollegen, ohne es vorher besprochen zu haben; die Schulleitung weist Änderungsvorschläge zurück; Lehrer werden selten richtig informiert (jeder fünfte Lehrer)
  • das Schulklima ist schlecht; die Schulleitung informiert unvollständig (mehr als jeder zehnte Lehrer)

Tatsächlich scheinen sich manche Klagen eindrucksvoll zu wiederholen. Beispiele: Die Schulleiter behandeln ihre Lehrkräfte nicht als gleichberechtigte Partner, sie holen bei wichtigen Entscheidungen nicht die Zustimmung des Kollegiums ein, unterstützen nicht die Lehrkräfte, kurz: nicht wenige der befragten Lehrer sind unzufrieden mit dem Führungsstil, beklagen den stark eingeschränkten Entscheidungs- und Handlungs-Spielraum, fühlen sich zeitweise überfordert durch eine Häufung von neuen Aufgaben in bestimmten Zeitabschnitten, beklagen einen befehlenden Ton, zumindest aber unzureichende soziale Hilfe, dafür den Druck zur Rechtfertigung eigener Entscheidungen, finden, dass ihre eigene Arbeit eine mangelhafte Wertschätzung erfährt, während der Verantwortungsdruck ständig größer werde u. a., so die Experten.

Und, um noch einmal auf das von den Psychologen so genannte „Equity“-Prinzip zurück zu kommen, so geben mehr als die Hälfte der (befragten) Lehrer an, dass das Verhältnis von Geben und Nehmen am Arbeitsplatz nicht ausgeglichen sei, von Gerechtigkeit am Arbeitsplatz könne nicht die Rede sein. Vier von zehn Lehrern bejahen den erwähnten „Bruch des psychologischen Vertrages“.

Natürlich räumen die Autoren ein, dass dies keine repräsentativen Untersuchungen sind, die also einen statistisch aussagekräftigen Querschnitt über die Lehrerschaft von heute ermöglichen. Tendenziell aber dürfte sich auch dann wohl wenig ändern.

Nun waren aber praktisch alle Schulleiter vorher selber Lehrer. Wie empfinden diese nach ihrer Beförderung die ja doch eindrucksvollen Klagen ihrer Mitarbeiter?

Erwartungen von Schulleitern

Auch Schulleiter geraten zunehmend unter Druck (im Grunde sind sie es von Anfang an, das wissen sie übrigens schon bei der Übernahme ihrer Leitungs-Position, aber der Druck hat auch bei ihnen deutlich zugenommen, besonders bei den Schulleitern bestimmter Schul-Typen). Und hier haben natürlich auch Schulleiter konkrete Erwartungen an ihre Lehrkräfte. Dazu zählen beispielsweise:

  • Schüler motivieren können und dabei das Prinzip der Verstärkung beherrschen verschiedene Unterrichtsmethoden anwenden können
  • gut erklären können
  • im Unterricht u. a. Probleme unterschiedlicher Gedächtnis-, Merk- und Konzentrations-Aspekte zu berücksichtigen und den Unterricht entsprechend präzise vorzubereiten
  • eine natürliche Autorität ausstrahlen und sich bei den Schülern durchsetzen, ohne tadeln und strafen zu müssen
  • untereinander (!) kollegial zusammenarbeiten
  • sich u. a. bei Aktionen der Schule außerhalb des Unterrichtes zu engagieren.

Auch wünschen sich die Schulleiter ein konstruktives Verhalten, das nicht ständig formal belohnt werden will (z. B. Vorschläge machen, in Konferenzen aktiv mitarbeiten, auch außerhalb der üblichen Aufgaben sich zu engagieren). Und ganz konkret beklagen sich die Schulleiter darüber, dass sie immer wieder dazu gezwungen sind, „schier Unmögliches zu vereinbaren“, z. B. politische, besser: kultur-politische Vorschläge vom „grünen Tisch“ umsetzen müssen, obwohl sie selber, zumal als ehemalige Lehrer gut wissen, wie schwer oder gar nicht so etwas zu realisieren ist. Vor allem beklagen sich Schulleiter darüber, dass so manche Lehrer irrationale Erwartungen an sie hegen, z. B. nur „gute“, kleine und pflegeleichte Klassen zu bekommen, keine Arbeit außerhalb der Unterrichtszeit zu erledigen, nachmittags regelmäßig frei halten oder mit einem freien Tag pro Woche rechnen zu dürfen.

Ohne sich jetzt auf einzelne Diskussionen einzulassen, was wohl eine „unendliche Geschichte“ werden müsste, lässt sich an diesen Auflistungen aber gut erkennen, wie die psychologischen Verträge natürlich zweifache und vor allem gegenseitige Verpflichtungs-Erwartungen enthalten – und dass das oft wenig kompatibel sein kann, sich nicht auf einen für alle tragbaren gemeinsamen Nenner bringen lässt. Und dass die subjektive Wahrnehmung eines Vertragsbruches relativ schnell eintreten kann, besonders, wenn hier eine intensive emotionale Reaktion folgt, wie es die Experten bezeichnen.

Lehrer-Schüler-Beziehung

Um die Sache noch komplizierter zu machen, muss man natürlich auch eine dritte Komponente einrechnen, nämlich nicht nur die Beziehung von Lehrern zu Vorgesetzten und Vorgesetzten zu Lehrern, sondern auch von Lehrern zu Schülern (möglicherweise auch noch von Vorgesetzten zu Schülern bzw. deren Eltern) – die Zahl der Komplikationen ist beliebig vergrößerbar.

Auf jeden Fall haben auch Lehrer und Schüler psychologische Verträge, d. h. die Lehrer haben Erwartungen an ihre Schüler und diese an die Lehrer. Einzelheiten dazu müssen nicht weiter erörtert werden, nämlich dass Lehrer erwarten, dass ihre Schüler mitarbeiten, den Unterricht nicht stören, Lehrer respektieren u. a. Und Schüler erwarten in erster Linie „Gerechtigkeit“, etwa in der Notengebung, ja Humor und Gelassenheit sowie – in den höheren Jahrgängen – eine gute Ausbildung.

Nochmals: Gerade bei diesem Beziehungsgeflecht muss nicht weiter ausgeführt werden, was hier alles an „Zündstoff“ vor sich hin glimmt: vermeintlich zustehende Erwartungen, Erfüllung und Nicht-Erfüllung berechtigter oder unberechtigter Wünsche u. a., was den täglichen (!) Unterricht – sagen wir einmal abgemildert – spannend machen kann.

Und nun zurück zum Thema, nämlich der inneren Kündigung:

Wie diagnostiziert man eine innere Kündigung?

Es ist schwer, ein solches Phänomen konkret zu erfassen, d. h. zu erfragen bzw. gezielte, valide (d. h. wissenschaftlich aussagekräftige und damit gültige) Fragen zu stellen – und damit fundierte Antworten zu erhalten.

Einige solcher Items, also wissenschaftliche Frage-Elemente zur Erfassung der inneren Kündigung bei Lehrpersonen, lauten beispielsweise:

  • Im Laufe der Zeit habe ich das Interesse an Auseinandersetzungen in der Schule verloren.
  • Wenn ich kündigen könnte, würde ich kündigen.
  • Ich habe mich genug für die Schule aufreiben lassen.
  • Früher war ich viel engagierter.
  • Ich mache oft Dienst nach Vorschrift.
  • Ich spiele häufig mit dem Gedanken, mich vorzeitig pensionieren zu lassen.

Neben diesen konkreten Fragen gibt es noch andere Möglichkeiten, die Arbeitszufriedenheit und so genannte Kontroll-Überzeugung zu messen. Einzelheiten würden hier zu weit führen, weshalb bei Interesse die Autoren kontaktiert bzw. entsprechende Publikationen aus dem Bereich der pädagogischen Forschung herangezogen werden sollten.

Wie häufig ist eine innere Kündigung?

Bei der Frage: Wie häufig könnte(!) die innere Kündigung bei Lehrpersonen vorkommen, halten sich die Experten wohlweislich bedeckt. Dazu liegen nämlich – unabhängig von sonstigen Aspekten, die das ganze schwer fassbar machen –, bisher nur wenige empirische (Erfahrungs-)Daten vor. Grob gesprochen scheint man sich aber darauf geeinigt zu haben:

Noch nie innerlich gekündigt zu haben gibt etwa jeder Zweite an, was sich nicht nur auf den Lehrberuf, sondern auch auf andere Berufszweige erstrecken soll. Diese Zahlen müssen allerdings mit Vorsicht bewertet werden, geben die Experten selber zu bedenken.

Etwas anderes sind

Typische Hinweise auf die innere Kündigung

Interessant, wenngleich ebenfalls sicher im Einzelfall strittig, sind bestimmte Verhaltensweisen oder gar „objektive“ (?) Indikatoren bei innerer Kündigung. Dazu gehören beispielsweise (zitiert nach D. Schmitz, P. Jehle und B. Gayler):

  • Das Interesse an Auseinandersetzungen im Team ist verloren gegangen (s. o.).
  • Dafür hat sich das offenbar typische Ja-Sagen und Mitlaufen mit der Mehrheit eingeschlichen.
  • Auch werden keine Vorschläge mehr gemacht und keine Kritik mehr angeführt.
  • Die Entscheidungen von Vorgesetzten werden kommentarlos akzeptiert.
  • Die eigenen Kompetenzen und Erfahrungswerte werden nicht mehr ausgeschöpft.
  • Schließlich werden Eingriffe in den eigenen Delegations-Bereich (z. B. die Übertragung von Zuständigkeiten) mehr oder weniger widerspruchslos hingenommen.

Interessant dabei die psychologischen Hinweise der Experten, die feststellen: Solche Verhaltensweisen können eigentlich nicht unentdeckt bleiben, jedenfalls nicht ewig. Trotzdem werden die Grenzen der Auffälligkeit meist geschickt unterschritten. Im Einzelnen:

Die betreffenden Lehrer halten sich strikt an die Unterrichtszeit und verlassen danach sofort das Schulgebäude. Persönliche Gespräche außerhalb der Arbeitszeit werden vermieden. Freiräume während der Arbeitszeit für private Interessen werden dafür ausgiebig genutzt. Jedes Engagement wird umgangen. Die Identifikation mit der Schule verblasst. Das berufliche Sinn-Erleben ebenso. An Fortbildung besteht wenig Interesse.

Und schließlich: Typisch sind Merkmale wie „überangenehm im Umgang“.

Das alles sind natürlich eher „weiche Daten“, also so oder so interpretierbar, jeweils im entsprechenden Zusammenhang zu sehen (und der wechselt ohnehin dauernd, je nach Konstellation, Persönlichkeitsstruktur, Umfeld u. a.). Deshalb die berechtigte Frage: Gibt es auch objektive Indikatoren, nachvollziehbare Hinweise zur inneren Kündigung von – in diesem Fall – Lehrpersonen?

Ja, versichern die Experten und führen folgende objektive Indikatoren an: Hohe Fehlzeiten, Desinteresse an Fortbildung, Verweigerung der Übernahme von Sonderaufgaben (etwa Vertretungen). Ferner Krankmeldungen bei günstigen Gelegenheiten (so genannte Brückentage, Tage mit viel Unterricht). Dazu vermehrt Unmuts-Äußerungen und mangelndes Interesse an Betriebsfeiern, an Schul-Ausflügen und an schulischen Aktivitäten außerhalb des Unterrichts.

Natürlich wird ein solches Verhalten von Kollegen und Schulleitern als „egoistisch“ und „unkollegial“ gewertet. Jetzt kann es sein, dass der Betreffende auf der Schiene der „inneren Kündigung“ in eine Zwangslage gerät, und damit verstärken sich die wahrscheinlich ohnehin schon quälenden Beschwerden, und zwar erst einmal im Sinne von psychosomatischen Erkrankungen (sprich: körperliche Leiden ohne organischen Befund und damit auf seelischer Grundlage). Später können ggf. noch „echte“ Organ-Beschwerden auftreten, je nachdem, wo der Betreffende seinen Schwachpunkt hatte, in den dann der „Alltags-Stress“ gezielt zerstörerisch eingreift.

Natürlich können auch Schulleiter ihren Mitarbeitern innerlich kündigen, vor allem, wenn sie von ihnen enttäuscht sind. Der „Gekündigte“ wird übergangen, an wichtigen Aktivitäten nicht (mehr) beteiligt oder sogar massiv eingeschränkt, so die Wissenschaftler aus der pädagogischen Forschung.

Verlauf der inneren Kündigung

Und wie geht es weiter? Der Verlauf ist schwer fassbar, zu vielschichtig sind die Erscheinungsformen und zu uneinheitlich ihre Ursachen (s. u.). Manche Experten unterscheiden eine aktive und eine passive Variante:

- Bei der aktiven Spielart versuchen die Lehrer ihre Arbeit mit den Schülern zu machen und die Schul-Verwaltung möglichst auszublenden. Andere sind bestrebt, ihre gesellschaftliche Position als Lehrperson systematisch auszunutzen, etwa für Nebentätigkeiten. Damit können sie den Zustand für sich gerechter und zur eigenen Zufriedenheit ergiebiger gestalten.

- Bei der passiven Variante droht eine emotionale (Gemüts-)Hilflosigkeit, die schließlich in eine emotionale Erschöpfung münden kann.

Hier stellt sich übrigens die Frage, wo das inzwischen sattsam bekannte Burn-out-Syndrom eine Rolle zu spielen beginnt und wenn ja, wie man die innere Kündigung von Burnout zu unterscheiden vermag (s. später).

Gründe für eine innere Kündigung

Die Gründe für eine innere Kündigung wurden schon angedeutet. Drei Bereiche sind es, die von Bedeutung sind (wie übrigens beim Burnout auch – s. später). Zum einen die Person des Betroffenen (Persönlichkeitsstruktur, persönliche Probleme, vor allem im zwischenmenschlichen Bereich u. a.), zum anderen das System des Arbeitsplatzes mit seinen Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren für den Betreffenden. Die dritte Form ist eine Kombination, wahrscheinlich die häufigste Variante und die mit den nachhaltigsten Konsequenzen.

Für den Beruf des Lehrers gibt es zudem spezifische Belastungsformen, wie für jeden anderen Arbeitsplatz auch. In den meisten Untersuchungen aber geht es immer wieder um Fehler im Führungsverhalten, und zwar in einem erschreckend hohen Prozentsatz. Die häufigsten Klagen beziehen sich auf einen ungenügenden Informations-Austausch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, gefolgt von Entscheidungen über deren Kopf hinweg und mangelnder Gesprächsbereitschaft seitens der Führungsebene, und zwar sowohl ganz oben wie im Mittelbau.

Natürlich spielt auch das Alter eine Rolle, aber eine deutlich geringere als man gemeinhin annehmen würde. Vor allem ist es nicht das höhere Lebensalter, das hier – eigentlich erwartungsgemäß – die meisten Probleme aufwerfen würde. Offenbar sind diejenigen, die es „bis zum Ende geschafft haben“ dann auch willens und in der Lage, das ganze halbwegs normal abzuschließen. Bei den Lehrern weiß man, dass durch vorzeitige Pensionierung die Zahl der Betroffenen mit innerer Kündigung mit zunehmendem Alter – rein statistisch -zurückgeht.

Die Folgen einer inneren Kündigung

Die Folgen bei einer inneren Kündigung generell sowie bei Lehrpersonen im speziellen sind natürlich nicht nur für das Umfeld und die Schulleitung und in diesem Fall auch für die Schüler negativ, sie haben auch für den Betroffenen selber weittragende Konsequenzen. Und dies in fast jedem Fall.

In einer entsprechenden Studie gaben neun von zehn innerlich Gekündigten psychosomatische Beschwerden an, und zwar deutlich mehr als in einer Vergleichsgruppe derer, die diese Stufe der Resignation noch nicht erreicht hatten.

Am häufigsten sind Merk- und Konzentrationsstörungen, ja Vergesslichkeit, dazu Abgespanntheit, Müdigkeit, rasche Erschöpfbarkeit, ferner Magen- und Verdauungsprobleme, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit, nachlassende Kommunikations-Fähigkeit (und nicht nur -Neigung) sowie das Risiko einer entgleisten Selbstbehandlung mit Nikotin, Alkohol und Medikamenten. Nicht selten der Hang zum „Frust-Essen“ mit Gewichtszunahme, wenn nicht gar Fettleibigkeit sowie andere psychosomatisch interpretierbaren Beschwerden. Und natürlich eine dauerhafte Missstimmung („schlechte Laune“, Reizbarkeit, ja aggressive Durchbrüche) – mit dem zu erwartenden Teufelskreis, weil sich das Umfeld derlei nicht ewig bieten lässt.

Wie erklärt man sich psychosozial bzw. psychodynamisch eine innere Kündigung?

Die theoretischen Konzeptionen und Schlussfolgerungen empirischer Untersuchungen sind – wie so üblich in der Wissenschaft – für den durchschnittlich Interessierten nicht immer einfach zu verstehen. Nachfolgend der Versuch, die wichtigsten Erkenntnisse des einen oder anderen Prozess-Modells in schlichte Worte zu fassen:

Wenn nun jemand, in diesem Fall ein Lehrer, in eine entsprechend missliche, wenn auch überwiegend subjektiv empfundene Zwangslage geraten ist, dann empfindet er vor allem eines, nämlich eine so genannte „Ist-Soll-Diskrepanz“, oder auf Deutsch: Zwischen dem, was leider ist und dem, was eigentlich sein sollte, klafft ein tiefer Graben. Diesen Graben gilt es gleichsam zuzuschütten, zumindest aber überspringbar zu machen. Als erstes wird man sich also klar machen müssen, wo diese Diskrepanz, also Abweichung oder Unstimmigkeit her kommt.

Ein Grund könnten beispielsweise ungenaue oder gar überhöhte und damit unrealistische Erwartungen sein, die mit der rauen Wirklichkeit nicht zur Deckung zu bringen sind. Es können aber auch widrige Bedingungen vorliegen, die nicht bloß schwer zu mildern, sondern im Laufe der Zeit auch immer schwieriger zu ertragen sind.

Wie auch immer: Die Aufgabe ist und bleibt das, was die wissenschaftlichen Pädagogen eine „erfolgreiche Diskrepanz-Reduktion“ nennen, d. h. der Graben zwischen Wunsch und Wirklichkeit muss in Gottes Namen aufgefüllt werden; und dies möglichst nicht nur indem man seine eigenen Wünsche zurück nimmt, sondern auch durch kompromissbereites Entgegenkommen auf der anderen Seite. Dies gelingt in der Regel, nicht immer optimal und befriedigend, meist aber mehr oder weniger „ertragbar“.

Anders liegen die Dinge, wenn unüberwindbare Schwierigkeiten auftreten. Das kann auf der einen Seite mit der jeweiligen Persönlichkeitsstruktur zusammen hängen, und mit den mehr oder weniger verfügbaren Ressourcen, also seelischen, geistigen, körperlichen und psychosozialen Hilfsquellen. Oder wenn die widrigen Bedingungen am Arbeitsplatz auf keine Weise zu mildern sind, anhalten, dauerhaft zermürben und damit in die Resignation treiben: Belastung ohne Aussicht auf Entlastung.

Unter diesem Aspekt muss neu nachgedacht oder – wie es die Experten nennen – eine „Neu-Bewertung der Ergebnis-Erwartungen“ getroffen werden. Fällt diese Bewertung zuversichtlich aus bzw. besteht Hoffnung auf Erfolg, dann kommt es zu einem erneuten Anlauf, die erwähnte Diskrepanz-Reduktion zu erreichen. Unter neuen Bedingungen, und sei es eine realistische Bewertung der eigenen Möglichkeiten und damit Wünsche, lässt sich auch im zweiten Anlauf eine halbwegs tragbare „Überlebens-Strategie“ erarbeiten.

Tendiert hingegen die Zuversicht gegen Null, so bleiben nur Resignation und Rückzug. Ist kein offener Rückzug möglich (z. B. durch offene Kündigung), dann kommt es zu einem mentalen und emotionalen Rückzug, gleichsam auf der geistigen und Gemüts-Ebene. Vor allem wird die bisher innerlich weg-weisende Soll-Vorstellung aufgegeben, d. h. was sein soll, ist nicht erreichbar. Die Folge ist eine drastische Reduzierung des persönlichen Einsatzes und ein Aufgeben von Erwartungen, Wünschen und Ansprüchen sowohl an die eigene Person, als auch an den Vertragspartner, so die Schlussfolgerungen der Pädagogen und Psychologen E. Schmitz, P. Jehle und B. Gayler.

Das äußert sich dann in den konkreten Überlegungen bzw. Antworten auf entsprechende Fragen: „Wenn ich kündigen könnte, würde ich kündigen“ bzw. „ich mache Dienst nach Vorschrift, habe mich genug für den Betrieb, die Organisation usw. aufreiben lassen“. Und dann meist noch entschuldigend nachgeschoben: „Früher war ich viel engagierter“ und „im Laufe der Zeit habe ich das Interesse an ... verloren“.

Wer soweit gekommen ist, erwartet nichts mehr. Wer aber enttäuscht nichts mehr erwartet, den quält auch keine Diskrepanz mehr zwischen Ist und Soll (s. o.). Und das drückt sich natürlich auch in den entsprechenden Handlungen zu Sollen und Leisten aus. In diesem Zustand des mentalen und emotionalen Rückzugs kann man auch einen frustrierenden Berufs-Alltag eine geraume Zeit durchstehen. So kann eine innere Kündigung – zumindest im Einzelfall – subjektiv durchaus eine „attraktive“ Reaktionsform sein, bemerken die Experten. Rein theoretisch, wenngleich unerfreulich, könnte die innere Kündigung also das berufliche, gesellschaftliche und vielleicht sogar psychische „Überleben“ sichern helfen. Dass dies nicht immer gut geht, wurde bereits ausführlich dargelegt. In Einzelfällen aber – eine bestimmte Wesensart und auch bestimmte äußere Bedingungen vorausgesetzt – kann man damit schon einigermaßen zurechtkommen. Natürlich halten sich die Vorteile für die zuständige Institution bei einer solchen Einstellung in Grenzen; ob dadurch aber auch große Nachteile entstehen, lässt sich sicher nur im Einzelfall feststellen. Was das allerdings für die Schule bzw. ihre Schüler bedeutet, weiß jeder Erwachsene rückblickend aus seiner eigenen Schulzeit mit Beispielen zu belegen.

Was aber geschieht, wenn der Betreffende sich nicht einer inneren Kündigung unterwerfen will, sie auch nicht als Lösung einstuft und damit an der subjektiven Konstruktion des psychologischen Vertrages (s. o.) und an den hiermit verknüpften Erwartungen, Wünschen, Zielen festhalten und das Gleichgewicht einfordern will (siehe Stichwort „Equity“). Die Antwort der Experten gibt zu denken: Dieser Weg kann in das Burnout führen. Das nun wieder leitet zu der Frage über:

Wie unterscheidet man die innere Kündigung vom Burnout?

Über das Burnout wurde schon viel geschrieben. Einzelheiten dazu siehe das spezielle Kapitel in dieser Serie. Die innere Kündigung ist schon viel seltener ein Gesprächsthema. Vor allem kann man sich kaum so recht vorstellen, was die Weichen in die eine oder andere Richtung stellt. Hier geben die Autoren folgende Differenzierungs-Möglichkeiten:

- Während Ausgebrannte (also Burnout-Betroffene) an ihren übergeordneten Soll-Vorstellungen und Verpflichtungen festhalten, ist die innere Kündigung dadurch gekennzeichnet, dass die wesentlichen beruflichen und generell bedeutsamen Soll-Vorstellungen aufgegeben werden.

- Da diese Vorstellungen auch eine so genannte verhaltens-führende Funktion haben, ändert sich natürlich auch das Verhalten. Die innere Kündigung führt zu einem Rückzug aus der Verantwortung am Arbeitsplatz, während beim Burnout kein Rückzug aus der Verantwortung stattfindet. Der Ausgebrannte hält an den eigenen verpflichtenden, übergeordneten Soll-Vorstellungen fest. Ein innerlich Gekündigter kann sein Anspruchsniveau senken, ein Ausgebrannter nicht.

Der Ausgebrannte kann nicht leisten, was er gerne leisten möchte; der innerlich Kündigende könnte vielleicht, aber er mag nicht mehr.

- Bei Lehr- und Sozialberufen betrifft die innere Kündigung meist die Beziehung zur Schul- und Organisationsleitung, also zur höheren Hierarchie-Ebene, selten die Schüler. Dagegen trifft das Burnout die Beziehung zu dem jeweiligen Gegenüber, also Schülern, Patienten, Klienten, Kunden und sonstigen „Partnern im Alltag“. Der Ausgebrannte hält „im Prinzip“ an den Idealen fest, der innerlich Gekündigte hat sie aufgegeben. Konkret: Er identifiziert sich nicht mehr mit seiner Schulleitung, wohl aber mit seinen Schülern. Der Ausgebrannte hingegen hält grundsätzlich an den Verpflichtungen gemäß seiner beruflichen Selbst-Definition fest, der innerlich Kündigende gibt sie auf und ändert seine berufliche Selbst-Definition.

Fazit: Die innere Kündigung ist also nicht einfach eine Vorstufe des Ausbrennens, wie gelegentlich geäußert wird, mahnen die Experten E. Schmitz, P. Jehle und B. Gayler. Es gibt aber relativ stabile Übereinstimmungen zwischen innere Kündigung und Burnout; und die können ein zumindest teilweise ähnliches Beschwerdebild auslösen.

Nun gibt es Lehrer und Sozialberufler, die innerlich gekündigt haben, aber – eben deshalb – nicht ausbrennen. Das sind diejenigen, die zur aktiven Form (s. o.) der inneren Kündigung neigen, sich einen gewissen Freiraum des pädagogischen Handelns erkämpfen und so – bei Erfolg – die innere Kündigung überwinden. Dieser Personenkreis kann sich wenigstens die Begeisterung für seinen Beruf, d. h. den Umgang mit Schülern, Patienten, Klienten u. a. erhalten, beschließen die Autoren ihren interessanten Beitrag.

Schlussfolgerung

Ob innere Kündigung oder Burnout, hier droht eine noch nicht allseits erkannte, vor allem akzeptierte wirtschaftliche (Beruf-), ja gesellschaftliche Gefahr (mit allen Folgen für Partnerschaft, Familie, Erziehung, Ausbildung usw.). Das besonders Riskante ist dabei die schwer auszumachende Bedrohlichkeit dieses Phänomens, gleichsam kein offenes Feuer, das man gezielt bekämpfen kann, eher ein Schwelbrand, der sich heimlich, still und leise und damit unheilvoll auszubreiten droht.

Es muss also etwas geschehen. Der nachfolgende Kasten zeigt allerdings, dass die zuständigen Stellen zu reagieren beginnen, zuerst – wie üblich – im wirtschaftlichen Bereich, denn dort schlägt sich derlei natürlich sofort in Leistung und Umsatz nieder.

Weiterbildungsthemen in Deutschland*

Mitarbeiterführung, Coaching**, Verkauf/Marketing, Konfliktmanagement, Organisationsentwicklung, Teambildung/Teamführung, Präsentieren/Moderieren, Zeitmanagement, Projekt-/Prozessmanagement, Persönlichkeitsentwicklung, Qualität/Service, IT-Neue Medien, Personalauswahl/Personalentwicklung**, Unternehmensführung, Stressbewältigung/Gesundheit**, Sprachen/interkultur­elles Training, Lernen und Kreativität**, Recht, Office-Management.

* Einschätzung der Unternehmen für die momentane und zukünftige Bedeutung von Weiterbildungsthemen
** Positiver Weiterbildungstrend, d. h. diese Maßnahmen werden in Zukunft mehr Bedeutung erlangen

Quelle: manager Seminare 2005, VDI-Nachrichten 7/2007

Es ist zu hoffen, dass sich möglichst bald etwas bewegt, und zwar in die richtige Richtung. Bekanntlich haben atmosphärische Belastungen, gerade im beruflichen Umfeld (siehe der Kasten Was am Arbeitsplatz wichtig ist) etwas mit jenem Korb voller Äpfel zu tun, unter denen sich viel zu lange unentdeckt ein angefaulter Apfel befindet – mit den bekannten Konsequenzen.

Literatur

Grundlage vorliegender Ausführungen ist der Beitrag

Schmitz, E., P. Jehle, B. Gayler: Innere Kündigung im Lehrerberuf. In: H. Hillert, E. Schmitz (Hrsg.): Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern. Schattauer-Verlag, Stuttgart-New York 2004

Weitere Literaturhinweise, vor allem mit Bezug auf obigen Beitrag:

Höhn, R.: Die innere Kündigung in der öffentlichen Verwaltung: Ursachen – Folgen – Gegenmaßnahmen. Moll-Verlag, Stuttgart 1989

Löhnert, W.: Innere Kündigung. Eine Analyse aus wirtschaftspsychologischer Perspektive. Lang-Verlag, Frankfurt 1990.

Rudow, B.: Die Arbeit des Lehrers. Zur Psychologie der Lehrtätigkeit, Lehrerbelastung und Lehrergesundheit. Huber-Verlag, Bern 1994

Und weitere Fach-Publikationen, wie sie in obigem Kapitel zitiert und im Literaturverzeichnis aufgeführt werden.

Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise.
Bei persönlichen Anliegen fragen Sie bitte Ihren Arzt.
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