Prof. Dr. med. Volker Faust Psychosoziale Gesundheit von Angst bis Zwang Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln |
DEPRESSIONEN - TEIL 2:Die Belastungen und Folgen für Partner, Eltern, Kinder, sonstige Angehörige, Freunde, Nachbarn, Berufskollegen u.a. Was sollte man wissen, was muss man vermeiden und wie geht man am kräfte-schonendsten und gleichzeitig wirkungsvollsten vor?
Die Behandlung depressiver Zustände beruht auf mehreren Therapie-Säulen, die allerdings nicht alle oder gleichzeitig zum Einsatz kommen müssen. 1. Psychotherapie Im Einzelnen: 1. Die Psychotherapie ist eine Behandlung mit psychologischen Mitteln. Sie erstreckt sich von der Zuwendung und dem stützenden Gespräch bis zu spezifischen Behandlungsverfahren (z. B. verhaltenstherapeutisch, tiefenpsychologisch, gesprächspsychotherapeutisch u. a.). 2. Die Soziotherapie versucht stützend, klärend oder umorientierend auf psychosoziale Belastungen einzugehen, z. B. in Partnerschaft, Familie, Nachbarschaft, Beruf und in anderen Bereichen. Besonders wichtig einige Hinweise, was mögliche Irrtümer und Fehlerquellen im Umgang mit depressiv Erkrankten anbelangt. 3. Die Physiotherapie im weitesten Sinne versucht zu kräftigen, zu aktivieren, aber auch zu lockern und zu entspannen: Massage, Kneipp´sche Anwendungen, medizinische Bäder mit entsprechenden Zusätzen, ferner Gymnastik, Bewegungstherapie, Schwimmen, Laufen, Radfahren, Trimmen, Bewegungsspiele, Musik-Rhythmus-Tanz usw. Dazu Entspannungsübungen wie Autogenes Training, Yoga sowie gezielte Verfahren zur Muskelentspannung und Atemübungen. Meist vernachlässigt, als wichtige Behandlungsmaßnahme in eigener Verantwortung aber besonders wirkungsvoll: der antidepressive "Gesundmarsch" bei Tageslicht und im Grünen. 4. Spezielle Depressionsbehandlungen sind der Schlafentzug ("Wachtherapie"), die Lichttherapie (Fototherapie) sowie die Durchflutungsbehandlung (Elektrokrampftherapie - EKT). Sie kommen in der Regel bei ganz bestimmten depressiven Zuständen zum Einsatz, meist in der Fachklinik. 5. Die Pharmakotherapie, also die Behandlung mit spezifischen Arzneimitteln, wird zwar in der Allgemeinheit eher zurückhaltend beurteilt, gilt aber unter der Ärzteschaft als unverzichtbare Basis einer wirkungsvollen Therapie, zumindest bei entsprechenden Depressionsformen. Das sind zum einen die synthetischen ("chemischen") Antidepressiva, die einzigen wirklich antidepressiv wirkenden Substanzen, auch wenn gelegentlich aus Unkenntnis, Verzweiflung, Not oder durch falsche Informationen nur Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmittel, Neuroleptika als "Wochenspritze" oder gar Psychostimulanzien und bestimmte Arzneimittel eingesetzt werden, die den Gehirnstoffwechsel anregen sollen. Ein Kompromiss für zumindest leichtere depressive Zustände sind Pflanzenmittel, wobei aber auch hier eine antidepressive Wirkung nur für Johanniskraut bewiesen ist. Zum zweiten und immer häufiger genutzt sind rückfallverhütende Arzneimittel (Fachbegriffe: Phasen- oder Rezidivprophylaktika), also Substanzen, die das erneute Auftreten einer Depression verhüten sollen. Davon stehen inzwischen drei Substanzen mit zahlreichen Handelspräparaten zur Verfügung (Lithiumsalze, Carbamazepin und Valproinsäure). Einzelheiten zur Pharmakotherapie siehe das 3. Kapitel über Depressionen (Pharmakotherapie). Der psychotherapeutische Zugang Depressionen gibt es seit Menschengedenken und behandelt werden diese Leiden schon genauso lange, jedenfalls der glücklichere Teil der Betroffenen, dem eine entsprechende Therapie zuteil wurde. Vor allem gab es schon die Psychotherapie, bevor dieser Begriff überhaupt geprägt wurde. In der Depressionsbehandlung wurden im Verlaufe der letzten Jahrzehnte zahlreiche Psychotherapie-Verfahren eingesetzt, von denen sich nach Ansicht der Experten vor allem drei durchgesetzt haben (ohne dass damit eine Erfolgswertung bezüglich der anderen Therapie-Methoden gemacht werden soll): 1. unterstützende (unspezifische) Verfahren 2. verhaltenstherapeutische Verfahren 3. tiefenpsychologische Verfahren Das Wichtigste ist eine tragfähige zwischenmenschlich-therapeutische Basis, ein vertrauensvolles Therapeut-Patient-Verhältnis. Dazu kommt eine spezifische Erfahrung mit depressiven Patienten, die den Therapeuten vor ganz andere Probleme stellen als zum Beispiel eine reine Angst- oder Zwangsneurose, als psychosomatische Störungen usw. Dabei braucht es vor allem eine ruhige, gelassene und optimistische Einstellung (die sich bei der Depression aber glücklicherweise auch meist bewahrheitet) und viel Kraft. Zurückhaltend wird der Therapeut dagegen bei vorschnellen Interpretationen und Lösungen sein und insbesondere auch allzu energische Überzeugungs-Versuche vermeiden. Unerlässlich sind eine fast unendliche Geduld, reichlich Reserven im seelischen (und sogar körperlichen) Bereich und die Fähigkeit, sich nicht vom depressionstypischen Pessimismus, von Niedergeschlagenheit oder gar Verzweiflung anstecken zu lassen. So gilt es immer und immer wieder zur versichern, dass es seit Jahrtausenden Wege aus der Depression gab und gibt, die inzwischen wirkungsvoll verbessert werden konnten. Und dass es im Rahmen dieser Zeit Millionen von Depressiven gab und weltweit noch immer gibt, was vor allem heißt, dass der Patient nicht alleine und verloren ist. Und dass die Depression, so quälend sie auch sein mag, ein Leiden ist, das erfolgreich behandelt werden kann und sich in der Regel völlig zurückbildet (eine gewisse nachvollziehbare Verunsicherung abgesehen). Weitere Aspekte siehe auch das Kapitel: Depression - bleibt wirklich nichts zurück? Wie verläuft die Psychotherapie der Depressionen? Nach und nach werden die therapeutischen Sitzungen, die anfangs wegen der raschen Erschöpfbarkeit des Patienten eher kurz waren (in der Regel rund 20 Minuten), etwas länger und vor allem in ihrem Ablauf strukturierter. Immer häufiger werden Einzelprobleme nicht nur an-, sondern durchdiskutiert: Zuerst wenige und nicht gerade die schwerwiegendsten, danach auch komplexe Situationen, Ursachen und Folgen, schließlich die entscheidenden oder Schlüsselprobleme, sofern es solche gibt (wie der Patient meint, aber zumeist gibt es sie in der Tat, auch wenn er sie verdrängt hat). Im Laufe der Zeit werden auch die Ziele klarer, was wiederum die Erklärungsversuche und Lösungswege erleichtert. Das betrifft z. B. typische Auslöser eines depressiven Tiefs, ferne ungünstige Denk-Schablonen, ungeschicktes Verhalten, unzureichende Bewältigungsstrategien, negative Gewohnheiten, vielleicht sogar änderungsbedürftige äußere Bedingungen in Partnerschaft, Familie, Nachbarschaft, Beruf usw. So werden im Verlaufe der Behandlung nicht nur die Ziele und Lösungsmöglichkeiten deutlicher, sondern auch manche schicksalhafte oder selbst (mit)verschuldete Ursachen, Beeinträchtigungen, Grenzen und Krisenherde. Spätestens hier beginnen dann auch jene Übungen, die zwischen den Behandlungsterminen vom Patienten selber (und seinen Angehörigen) absolviert werden müssen (siehe später). Ganz wichtig ist gerade bei depressiven Zuständen die zwar bittere, aber letztlich natürliche Erfahrung, dass einerseits kleinere Rückschläge und andererseits komplette Rückfälle möglich, ja gar nicht selten und mitunter die Regel sein können. Dies muss einerseits schon zuvor besprochen werden und ist andererseits eine (nicht gerade erwünschte, aber auch nicht unnütze) Gelegenheit, manche biologischen (z. B. erbliche), psychosozialen oder sonstigen Zusammenhänge erneut und vielleicht sogar noch tiefer zu analysieren und entsprechende Lösungen zu erarbeiten, zu erproben und einzuüben. Einzelheiten zu den wichtigsten psychotherapeutischen Verfahren im Rahmen einer Depression siehe die Literatur (z. B. allgemeinverständlich: V. Faust: Schwermut, Hirzel-Verlag, Stuttgart-Leipzig 1999). Soziotherapie: Was können Angehörige, Freunde, Kollegen u. a. tun? Es gibt kaum ein Krankheitsbild, das auch Angehörige, Freunde, selbst Nachbarn, Arbeitskollegen, Vorgesetzte usw. so belastet, beeinträchtigt, ja selber niedergeschlagen macht, bis hin zu eigenen Gefühlen der Hilflosigkeit, wie die Depression. Und das keinesfalls, weil der Patient seine Umgebung bewusst oder aktiv belastet, es reicht schon die bedrückende Atmosphäre von Unglücklichsein, Freudlosigkeit, Energielosigkeit, Hoffnungslosigkeit usw., um alle in Resignation versinken zu lassen. Kein Wunder, dass sich nach einiger Zeit diejenigen nicht mehr sehen lassen, die sich das am ehesten leisten können bzw. die die besten Ausflüchte haben und nach und nach auch alle anderen auf zumindest innere Distanz gehen, um nicht irgendwann selber in diese "abgrundtiefe Düsternis" gestoßen zu werden. Und doch braucht der Depressive seine Umgebung jetzt dringender denn je. Nun wird sich zeigen, wer auch in Notzeiten für ihn da ist. In der Regel sind das nicht allzu viele, wie nicht anders zu erwarten. Unserer Zeit und gesellschaftliche Struktur ist nicht dazu angetan, hier auf eine positive Wende zu hoffen. Vielleicht ist das auch in den meisten Fällen zuviel verlangt. Was aber nicht zuviel verlangt ist, ist die Empfehlung oder Bitte, sich mit dem Krankheitsbild soweit vertraut zu machen, dass man dem Betroffenen ohne allzu große Belastung oder gar Überforderung so manche indirekte Hilfe oder konkrete Stütze vermitteln kann, denn Wissen ist Macht, Macht zu helfen. Auf was ist zu achten? Im Grunde zermürbt das depressive Beschwerdebild alle gleich, vom Partner bis zum Arbeitskollegen. Doch gibt es Schwerpunkte, die es zu kennen gilt. Was belastet den Partner des Depressiven am meisten? Den Partner trifft es am heftigsten und längsten. Er steht auch am stärksten in der Pflicht, durchzuhalten. Das tut er in der Regel auch, doch kostet es ihn unendlich viel Kraft. Manchmal geht das soweit, dass er nach der Genesung des Patienten mit einem eigenen Erschöpfungszustand "einbricht". Deshalb reserviert der Arzt gut ein Drittel seiner Zeit, Kraft und Hilfestellung den Angehörigen. Denn wenn deren Reserven vorher aufgebraucht sind, wird es eng. Manchmal droht schon allein deshalb eine Krankenhausbehandlung, die mit seelisch (und körperlich) stabil gebliebenen Angehörigen umgangen worden wäre. · Seelische, geistige und psychosoziale Symptome Den Partner belastet praktisch alles, was auch den Patienten quält: Die seelische und körperliche Herabgestimmtheit; das "totale Unglück, das überall zu herrschen scheint" (im Grunde aber nur die "schwarze Brille", durch die der Depressive alles und jedes sieht); ferner die Trostlosigkeit, die tränenlose Schwermut (die häufig noch mehr mitnimmt als verzweifeltes Weinen), dazu die alles verdüsternde Freudlosigkeit; der Überdruss am Leben; die Unfähigkeit, überhaupt etwas zu empfinden und damit halbwegs adäquat zu reagieren. Die Interesselosigkeit ist mehr eine Aufgabe der Aktivierung durch die Umgebung, desgleichen die verminderte Aufmerksamkeit, Energielosigkeit und rasche Erschöpfbarkeit. Doch auch das kostet Kraft. Denn der Depressive ist gleichsam auf eine "Nullage" heruntergebremst, was sich unter anderem darin äußert, dass er z. B. kaum den verordneten täglichen "Gesundmarsch" durchhält, auch wenn er, vor allem zu Beginn seines Leidens, nur aus ein paar Schritten ums Haus besteht. Überhaupt ist die krankhaft veränderte Aktivität (Fachausdruck: Antrieb) ein Problem für sich: Sitzt der Betroffene apathisch in seiner Ecke, ist das schon ein Bild des Jammers. Noch anstrengender aber wird es, wenn er unruhig, nervös, fahrig, von leerem Beschäftigungsdrang, ziel- und rastlos umhergetrieben wird oder gar jammerig-klagsam und vor allem anklammernd seine Umgebung "nervt", bis es zu jenen Auseinandersetzungen kommt, die alle noch ratloser, verzweifelter und reizbarer machen und mit Schuldgefühlen überziehen, wenn einem einmal der Geduldsfaden gerissen ist. Ganz besonders zermürbend sind die Mutlosigkeit, die Verzagtheit der Depressiven (besonders dann, wenn es sich um einen normalerweise dynamischen, aktiven, engagierten, zielstrebigen Menschen handelt) bis hin zur Hoffnungslosigkeit, zur geradezu lächerlichen Überbewertung aller Probleme, zu demütigenden und für die anderen schmerzlichen Minderwertigkeitsgefühlen ("man kann es nicht mehr mit ansehen") usw. Auch die Angstzustände stecken an, von der allgemeinen Furchtsamkeit bis zu den überfallartigen Angstattacken (Fachbegriff: Panikzustände, Panikattacken - siehe Teil 1). Schließlich die besondere Empfindlichkeit, teils verbunden mit Rückzug, aber auch einmal leicht verletzlich, kränkbar, unzufrieden oder gar vorwurfsvoll. Manche Depressive sind wie kleine Kinder, die "vom Rockzipfel nicht mehr loskommen". Das kann noch mehr zusetzen als eine jammerige Anspruchshaltung, die man zuletzt routiniert zurückweist oder bewusst übersieht. Besonders ältere Depressive können sogar bösartig, aggressiv, ja feindselig werden. Das vergiftet die Atmosphäre am meisten, vor allem wenn es sich noch um eine chronische Depression handelt, die sich nicht mehr aufzuhellen scheint. Auch das langsame, umständliche, zähflüssige und einfallsarme Denken setzt den Angehörigen erheblich zu, behindert es doch jeden noch so alltäglichen Kontakt. Vor allem ist es eine der wichtigsten Aufgaben für die Verwandten, hier wieder gemeinsam "Fuß zu fassen", z. B. durch tägliches Lesetraining. Aber es ist ja nicht nur die verlangsamte Denkweise, auch die Reaktionsfähigkeit ist erschwert, wenn nicht gar aufgehoben. Alles braucht viel länger, wirkt zähflüssig, ist unendlich mühsam, von der Entscheidungsunfähigkeit ganz zu schweigen. Hier hat der Partner ohnehin schon die Führungsrolle übernommen, sonst würde überhaupt nichts mehr laufen. Manche Symptome scheinen nur den Betroffenen alleine zu beeinträchtigen, merkt man doch im normalen zwischenmenschlichen Kontakt fast nichts davon. Doch Angehörige sind nicht irgendwer, sie spüren sehr wohl, was den Patienten quält - und leiden mit. Dazu gehören zum einen die lähmende Grübelneigung, die immer gleichen Denkinhalte mit sinnlosem Gedankenkreisen, zum anderen die schon erwähnten Schuldgefühle, die Überbewertung früherer oder aktueller Ereignisse, entweder maßlos überzogen oder gar grundlos. Hier kann es dann auch zu durchaus verhängnisvollen Selbstanschuldigungen kommen, was Partnerschaft, Ehe, Verbote, ja kriminelle Handlungen anbelangt, "weil vielleicht doch etwas daran sein könnte". Diese unausgeräumten Verdachtsmomente betreffen insbesondere die eheliche Treue oder sonstige intime Aspekte. Hier gibt es Klärungsbedarf, ggf. mit Unterstützung des Arztes, in der Regel aber erst nach Abklingen der Depression, zuvor macht es die Depression nur noch komplizierter. Große Probleme bereiten auch die Beziehungsstörungen, das heißt der Verlust des gefühlsmäßigen Mitschwingens zwischen dem Patienten und seiner näheren Umgebung (einschließlich Haustiere in besonderer "Familien-Position", wie es beispielsweise Hunde sind!). Die emotionale Anteilnahme ist ja ein ganz natürliches Phänomen, das jeder voraussetzt, und das in der Regel erst dann auffällt, wenn es gestört ist. Konkret bedeutet dies das Nachlassen von Interesse, Zuneigung, Liebe, Mitleid usw. für Menschen, Tiere, Dinge, ohne dass der Betroffene und seine Angehörigen etwas dagegen unternehmen können. Eine solche "emotionale Entleertheit" ist wie eine Glasglocke, die sich gnadenlos über ihr Opfer senkt und alles um ihn herum aussperrt - und ihn selber damit in eine erschreckende Isolation treibt. Kommt noch die schon erwähnte überzogene Anspruchshaltung auf viel Zuwendung, Liebe, Unterstützung dazu, gegebenenfalls in jammerig-vorwurfsvollem Ton, dann ist das nicht nur eine groteske, sondern sogar ausgesprochen riskante Diskrepanz, die bei unaufgeklärten Mitmenschen auf Befremden, Ablehnung, ja Zorn oder Empörung stößt. Sind die Symptome noch ausgeprägter, das heißt wirkt der Patient innerlich völlig leer, ja ausgebrannt, spricht er evtl. vom Absterben aller Gefühle oder gar dem "klassischen" Depressionssymptom: dem "Gefühl der Gefühllosigkeit", dann erst wird den meisten klar, dass sich hier etwas Krankhaftes zwischen sie und ihren Angehörigen geschoben hat. Das gleiche gilt für Wahnsymptome, also Verarmungswahn, hypochondrische Befürchtungen mit zum Teil abstrusen Empfindungen, auf jeden Fall einer ängstlich-überbesorgten Einstellung mit monotoner Klagsamkeit und unkorrigierbarer Fixierung auf nicht vorhandene Beschwerden. Oder ein Schuld- bzw. Versündigungswahn, wenn nicht gar wahnhafte Fehldeutungen, Entfremdungserlebnisse usw.
· Körperliche und psychosomatische Beschwerden Auch das körperliche Beschwerdebild einer Depression sorgt in der Familie für viel Aufregung. Es ist aber leichter nachvollziehbar und führt deshalb rascher zum Arzt, der - wenn er nach entsprechender Untersuchung nichts findet - als Verdachtsdiagnose auch seelische Aspekte diskutiert (Einzelheiten siehe Kapitel 1). Ein organisches Symptom, das mitunter aber zu erheblichen Missverständnissen führt, sind die depressionsbedingten Störungen der Sexualität. Hier beginnt es nämlich in der Regel mit dem ohnehin schwer fassbaren Phänomen des "seelischen Erkaltens" im zwischenmenschlichen Bereich (desinteressiert, ggf. abweisend oder gar kränkend), bis schließlich ausgeprägte Libido- und Potenzstörungen klar machen, dass hier doch mehr als rein Sexuelles zugrunde liegen muss. Nicht selten droht auch jene unglückliche Konstellation, bei der wegen der relativ plötzlichen sexuellen Gleichgültigkeit bzw. Zurückweisung der ahnungslose Partner vermutet, hier könne ein "Verhältnis" eine Rolle spielen. Dieser Verdacht bleibt lange unausgesprochen und vergiftet "nur" heimlich die Atmosphäre, bis es dann zur offenen Beschuldigung kommt. Und in dieser - ohnehin kritischen - Situation könnte dann noch das erwähnte Depressions-Symptom "Schuldgefühle mit Selbstanschuldigungen ohne Grund" das ganze in ein Fahrwasser bringen, das wirklich zu unangenehmen Konsequenzen führt, obgleich es erstens nicht stimmt und zweitens rein depressiv zu verstehen ist. Also sollte man gerade bei diesem heiklen Gebiet auf krankheitsbedingte Missverständnisse achten, die lange nicht durchschaut werden. · Psychosoziale Konsequenzen Im psychosozialen, vor allem aber beruflichen Bereich haben die Angehörigen höchstens mit den Klagen des Patienten selber, ggf. seines Vorgesetzten oder seiner Arbeitskollegen zu tun. Zum allgemeinen Problem wird dagegen der Hausfrauenberuf, der ja bekanntermaßen nicht so ganz ernstgenommen wird ("was gibt es da schon zu tun?"). Erst wenn aber eine Depression der Hausfrau durch geistige Blockierung, Energielosigkeit, rasche Erschöpfbarkeit, Merk- und Konzentrationsstörungen, durch Entscheidungsunfähigkeit sowie eine Reihe körperlicher Symptome (Schlaflosigkeit, Kopfdruck, Magen-Darm-Beschwerden, Herz, Kreislauf, Muskulatur, Gelenke usw.) tatsächlich die Möglichkeit nimmt, ihren Haushalt so zu versorgen, wie es bisher jeder gewohnt war - und deshalb auch kaum würdigte - wird klar, welche Folgen eine Depression auch "am heimischen Herd" hinterlassen kann. Freunde und Nachbarn des Depressiven Im Freundeskreis und ggf. in der Nachbarschaft halten sich die Auffälligkeiten, die eine Depression erzwingt, schon eher in Grenzen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich der Patient meist zurückzieht, verkriecht, nur noch selten zu sehen ist und wenn, dann nur noch dann, wenn man ihn gezielt zu Hause aufsucht. Deshalb registriert man in Freundeskreis und Nachbarschaft in der Regel nur wenige und dazu noch kaum charakteristische Symptome. Zuletzt hört man nur noch die Frage: Wo ist er denn, ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen? Depressive Krankheitszeichen, die jedoch auch noch im erweiterten Umfeld ausgemacht werden können, sind vor allem eine "plötzliche" Resignation und Bedrücktheit, die mangelnde Fähigkeit, selbst auf eine freundliche Umgebung oder ein erfreuliches Ereignis positiv zu reagieren, eine zunehmende Interesselosigkeit, ja Gleichgültigkeit, und dies nicht zuletzt auf Gebieten, die dem Betroffenen früher etwas bedeuteten. Ferner eine rasche Ermüdbarkeit, verminderte Aufmerksamkeit, eigenartige innere Unruhe und Nervosität, eine gewisse Verzagtheit, schamhafter Rückzug, eine schwernehmende Lebenseinstellung, die Überbewertung aller Probleme (privat, beruflich, Politik, Wirtschaft, Sport), dazu teils sensibel, teils vorwurfsvoll, manchmal auch "schlecht gelaunt ohne Grund", mitunter etwas konzentrationsgestört und verlangsamt, unschlüssig und ggf. bestimmte körperliche Beschwerden andeutend, die bisher keine Rolle spielten. Aber alles lediglich so, dass man eigentlich nur sagen kann: "Dem geht es zur Zeit nicht gut". Den Nachbarn bzw. Nachbarinnen fällt beispielsweise auf, dass die Hausfrau später als sonst zum Einkaufen geht, manchmal sogar auf die letzte Minute, damit das Mittagessen noch rechtzeitig auf den Tisch kommen soll. Auch sieht der Einkaufskorb irgendwie wirr, bisweilen sogar chaotisch aus. Oder es gehen die Rollläden bis zum Mittag nicht hoch. Vielleicht wurden sie in der Frühe von Ehemann und Kindern hochgezogen, und - nachdem diese das Haus verlassen haben -, gehen sie sonderbarerweise wieder herunter, bis kurz vor Mittag, wenn die Familie zum Essen kommt. Die Post wird - entgegen der üblichen Gewohnheiten - auch nicht sofort aus dem Briefkasten genommen. Werden Nahrungsmittel und anderes an die Haustür geliefert, dann bleiben sie dort häufig stundenlang stehen, bis man sie schließlich ungewöhnlich spät hereinnimmt. Auch hört man nicht mehr, dass geputzt, gesaugt, gewaschen, gespült wird, kurz, das sich in der Wohnung etwas bewegt. Bis der Rest der Familie abends von der Arbeit oder Schule zurückkehrt, kann den ganzen Tag eine sonderbare Stille, fast Totenstille herrschen. Doch dieser Zustand bezieht sich auf die depressive Hausfrau mit Familie. Handelt es sich um eine alleinstehende Person, dann kann sich den ganzen Tag nichts bewegen. Man spürt, der Wohnungsinhaber ist da, fragt sich aber, was er eigentlich macht? Wo sind die natürlichen Kontakte geblieben, die man ansonsten auch mit eher zurückgezogenen Nachbarn pflegte? Der Depressive am Arbeitsplatz Bei den Arbeitskollegen ist das Bild ähnlich wie bei Freunden und Nachbarn. Dort schiebt sich naturgemäß vor allem der Leistungsaspekt in den Vordergrund: Interesse, Aktivität, Aufmerksamkeit, Kreativität, Durchhaltevermögen, Zuverlässigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Gespür, Führungskraft, Vitalität, Flexibilität, aber auch Kontaktfähigkeit, Mitarbeit, Kollegialität, Hilfsbereitschaft, Belastbarkeit usw. Das sind jene Stichworte, die bei plötzlichem Fehlen oder zumindest ungewohnt mangelhafter Ausprägung die Runde machen. Dabei scheint der Betroffene allerdings weniger "nicht zu wollen", eher "nicht mehr richtig zu können, obgleich sein Urlaub noch gar nicht so weit zurückliegt". Auch ist es vielleicht irgend etwas anderes, als nur ein Erschöpfungszustand. Man kann schon mit seinen Reserven am Ende sein, dann aber zumindest noch Routineaufgaben erledigen. Auch pflegt die Erschöpfung nicht gleich schon am Morgen so ausgeprägte Formen anzunehmen, selbst bei jenen Kollegen, die als "Spätstarter" bekannt sind. Doch hier ist es geradezu augenfällig, wie schwer sich der Betreffende in der ersten Tageshälfte tut, während er gegen Dienstende etwas aktiver zu werden scheint (das bekannte "Morgentief" vieler Depressiver mit abendlicher Aufhellung). Und fast schon bemitleidenswert ist die Situation dann, wenn unerwartete oder mehrere Aufgaben auf einmal zu bewältigen sind, alles Dinge, die früher keine Rolle spielten. Vor allem Zeitdruck und wechselnde Aufgaben scheinen den Kollegen oder die Kollegin völlig durcheinander zubringen. Dadurch kommt es zu einem deutlichen Leistungsabfall, der auch durch eine fast hektische und irgendwie hilflos wirkende Überaktivität des Betreffenden nicht ausgeglichen werden kann. Im Gegensatz zum Burnout-Syndrom (siehe das entsprechende Kapitel), bei dem die Opfer erschöpft, vor allem aber verbittert und ausgebrannt wirken und sich im Rahmen ihrer "inneren Kündigung" zurückziehen und am Ende nur noch mit Ironie, Sarkasmus oder Zynismus reagieren, liegen die Dinge hier offensichtlich anders: Der Betreffende will, aber er kann nicht; er sagt nicht nein, ist aber sofort überfordert, und das bei einem Mitarbeiter, der diesen Posten seit vielen Jahren zu aller Zufriedenheit ausfüllte. Das Ganze wirkt nicht unwillig, sondern irgendwie demütigend-hilflos und hinterlässt im Kollegium eine allgemeine Betretenheit, besonders wenn sich der Patient ganz offensichtlich auch noch schämt. Konkrete Hinweise zur Betreuung depressiv Erkrankter Bis jetzt ging es darum, was Angehörige, Freunde, Arbeitskollegen usw. empfinden, wenn ein Mensch depressiv geworden ist. Schwierig bleibt die Situation so lange, wie man um die Erkrankung nicht weiß. Nachdem es aber halbwegs deutlich geworden ist oder gar eine ärztliche Diagnose vorliegt, stellt sich die Frage: 1. Was kann man tun? 2. Was soll man lieber lassen? Nachfolgend deshalb eine Reihe von Hinweisen zur Betreuung eines depressiven Menschen aus der Sicht der Angehörigen, Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen u. a. Manches ist bereits ein- oder mehrmals angeklungen, soll aber trotzdem hier noch einmal zusammengefasst werden. Aufklärung mindert Angst und Leid Die Frage, ob ein Patient über sein Leiden vorbehaltlos aufgeklärt werden soll, hängt von mancherlei Faktoren ab: Art des Krankheitsbildes, Vorgeschichte, Heilungsaussichten, Persönlichkeitsstruktur, Belastbarkeit - und von formaljuristischen Aspekten. Was auch immer für die jeweilige Erkrankung sinnvoll oder machbar ist, für einen depressiven Patienten gilt:
Warum ist das ausgerechnet bei Depressionen so wichtig? Es gibt vermutlich kein Leiden, das ein so vielschichtiges Beschwerdebild umfasst wie die Schwermut. Wie soll ein Mensch begreifen, dass Energielosigkeit, Elendigkeitsgefühl, Grübelneigung, Angstzustände, Kopfdruck, Kloß im Hals, Atemenge, Schlaf- und Potenzstörungen usw. in einer einzigen Krankheit aufgehen können. Mit dieser Ratlosigkeit steht der Patient ja nicht allein, selbst aufgeklärte Angehörige, Freunde und Kollegen, ja mitunter der Arzt selber tun sich hier ähnlich schwer. Deshalb kann die rechtzeitige und ungeschönte Mitteilung der Diagnose - und nicht zu vergessen - die notwendige Erläuterung des Krankheitsbildes zur spürbaren Entlastung der Situation beitragen. Ob der Patient dann alles glaubt, was ihm der Arzt erläutert und die Angehörigen wiederholen, ist eine andere Frage. In der Mehrzahl der Fälle ist er dazu krankheitsbedingt kaum in der Lage. Trotzdem wird er mit einiger Dankbarkeit registrieren, dass sein Leiden offenbar nicht unerkannt oder selten oder unheilbar ist, das er eine reale Behandlungschance hat, vor allem dass sich der Therapeut, Verwandten und Freunde keine Sorgen machen, wie es weitergeht. Sie alle scheinen sich ihrer Sache sicher und das beruhigt, auch wenn es nicht alle Zweifel ausräumt. Außerdem darf man nicht vergessen: Verzagtheit, Ratlosigkeit, Pessimismus, negative Sichtweise, Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit sind depressionstypisch, sind klassische Symptome der Melancholie - und vor allem durch reinen Zuspruch kaum zu beseitigen. Der Depressive kommt immer und immer wieder mit den gleichen Befürchtungen, mit Scham- und Minderwertigkeitsgefühlen, mit Mutlosigkeit, Ratlosigkeit, Hilflosigkeit usw. Deshalb muss man ihn immer und immer wieder diese Angst nehmen und ihn aufzubauen versuchen. Völlig überzeugen kann man ihn dabei zwar nie, aber er ist dann nicht mehr ganz so verzweifelt und manchmal keimt sogar die Hoffnung auf: Möglicherweise bin ich doch nicht verloren, wenn alle anderen Depressionen wieder völlig vergehen sollen. Deshalb sei hier nochmals wiederholt:
Geduld und nochmals Geduld, und die Gabe, sich nicht anstecken zu lassen Nichts erschwert den Heilungsverlauf mehr als Ungeduld oder gar vorzeitige Resignation. Zwar kann man verstehen, dass Patienten und Angehörigen die Langmut langsam ausgeht. Leider reißt der Geduldsfaden vor allem dann, wenn der Patient endlich in ärztlicher Behandlung ist und eine gezielte Therapie beginnen könnte. Spätestens jetzt, wo man eigentlich dankbar und zuversichtlich sein müsste, brechen häufig erst der gesamte Unmut, ja Reizbarkeit und Zorn auf: gegen die Krankheit, das Schicksal, bestimmte Belastungen, aber auch Angehörige, Vorgesetzte, den Arzt usw. Einerseits ist man erleichtert, weil man weiß, dass jetzt endlich etwas passiert. Andererseits will man ausgerechnet jetzt alles und das möglichst schnell. Dabei könnte der so spät hinzugezogene Arzt mit Fug und Recht bitten: Geben Sie mir nur die Hälfte der Zeit, die bisher sinnlos verstrichen ist. Also heißt die Regel: Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Oder konkreter: viele Wochen, mehrere Monate, im höheren Lebensjahr auch mal ein Jahr und mehr. Schnellere Heilungsverläufe sind möglich, aber nicht immer zu erwarten (und im übrigen nicht immer mit dem günstigsten Endergebnis versehen). Deshalb bedenke man immer wieder, wie viel Zeit man im Grunde schon verloren hat, bis schließlich der Arzt aufgesucht wurde. Natürlich, woher sollte man es auch wissen. Schließlich gibt es berühmte Beispiele depressiver Psychiater, die ihr eigenes Leiden genauso spät erkannten oder anerkannten, wie ihre ahnungslosen Patienten zuvor. Immerhin geht es jetzt voran, aber nicht in beliebiger Geschwindigkeit. Man gefährde also den Heilungsverlauf nicht dadurch, dass man 1. die Geduld verliert oder 2. gar mittels falscher Ratschläge den Betroffenen dazu verleitet, seine Medikamente abzusetzen und/oder die psychologische Behandlung zu vernachlässigen. Das wirft sonst um Wochen oder Monate zurück. Und manchmal muss man sogar wieder von vorne anfangen, z. B. wenn man sein Medikament gegen ärztlichen Rat absetzt, dadurch zurückfällt oder gar "einbricht", dann die Therapie wieder aufnimmt - und erneut ein bis drei Wochen warten muss, bis das Antidepressivum wieder "greift". Wer als Angehöriger oder Freund mit seiner Geduld am Ende ist, mag dafür gute Gründe haben oder einfach nicht mehr können. Er darf aber trotzdem nicht aufgeben, ja er muss durchhalten, sonst ist der Depressive noch mehr auf sich allein gestellt, noch einsamer, noch gefährdeter. Mag einen der Mut auch verlassen haben, so erinnere man sich doch stets an den tröstlichen Satz:
Und, ganz wichtig für alle Beteiligten: Sich nicht melancholisch anstecken lassen. Handelt es sich um eine sogenannte "Jammerdepression", bei der sich der Patient klagend an jeden anklammert, so gehen die Menschen ohnehin bald auf Distanz. Denn hier merkt jeder rasch, dass er ansonsten völlig ausgelaugt würde. Schwerer zu erkennen sind allerdings die heimlichen, die stummen Anklagen und Vorwürfe, das stille Leid, das einerseits noch später erkannt wird, andererseits damit die Umgebung noch länger unbemerkt zermürbt. Plötzlich sind alle erschöpft, resigniert oder niedergeschlagen. Man ist gleichsam in den Strudel der Schwermut gerissen worden, ohne es bemerkt zu haben. Deshalb müssen sich alle tagtäglich vor Augen halten: Nur gesunde Angehörige und Freunde können eine echte Hilfe bleiben. Diese Robustheit muss man sich mit aller Kraft bewahren. Das geht am besten, indem man sich ständig selber versichert: Das ist nicht das Elend dieser Welt, das ist eine Krankheit, eine zermürbende Krankheit für uns alle, die aber wieder vergeht. Man muss nur durchhalten, durchhalten, durchhalten! Falsche Ratschläge Schon im Alltag der Gesunden, noch mehr im Rahmen einer Depression kann aber selbst der löbliche gute Wille auf falsche Wege führen. Deshalb muss man gewisse Irrtümer und falsche Ratschläge kennen, wie sie nicht selten aus dem Freundes- und Bekanntenkreis kommen, aber auch von Angehörigen, die trotz bester Absicht mehr schaden als nützen. Um was handelt es sich dabei? · Appelle: Es ist falsch, den Depressiven aufzufordern, sich zusammenzureißen, sich nicht gehen zu lassen, Haltung zu zeigen, sich zu beherrschen usw. Solche Aufrufe an einen hoffnungslosen, schwunglosen, willensgeschwächten Patienten pflegen seine Verzweiflung nur noch zu verstärken, vielleicht sogar die Suizidgefahr zu erhöhen. Der Depressive ist nicht unwillig, er ist unfähig. Das ist ein großer Unterschied. Der Depressive sieht zwar nicht unbedingt aus wie ein Schwerkranker, aber er ist schwer krank, und zwar auf allen Ebenen, das muss immer wiederholt werden: seelisch, körperlich, zwischenmenschlich und nicht zuletzt beruflich. Appelle sind auch eine bequeme Art, sich von der Verpflichtung loszusagen, seinen betreuenden und stützenden Anteil zur Behandlung eines depressiven Krankheitsbildes zu leisten. Dabei sind Appelle nicht grundsätzlich falsch, sie dürfen aber auch nicht den - heute immer häufigeren - gnadenlos-fordernden Charakter annehmen, der dem anderen seine ganze Hilfs- oder gar Wertlosigkeit vorführt. Wenn also Appelle, dann in kleinen, konstruktiven und wohlwollend-fördernden Schritten, die das Lob über jede Willensanstrengung und (noch so kleine) Leistung in den Mittelpunkt stellen. · Ablenkung: Es ist falsch, dem Depressiven Ablenkungs-, Vergnügungs- oder Zerstreuungsmöglichkeiten anzubieten oder zu empfehlen. Mit solchen Maßnahmen kann ein Mensch, der ja die Fähigkeit sich zu freuen verloren hat, nichts anfangen. Im Gegenteil: Wenn man ihn auf die "schönen Dinge dieser Welt" verweist, wird ihn das noch mehr deprimieren und obendrein noch in Schuldgefühle stürzen. Ja, man muss sich bei der Depression sogar noch eine fast absurd wirkende Reaktionsweise merken: Gerade die Hinweise, die bei Gesunden nicht oft genug fallen können, weil sie in unserer hektischen und vom Gemüt her immer flacheren Welt in Vergessenheit geraten, gerade diese "kleinen Freuden des Lebens" gehen am Depressiven nicht nur völlig vorbei, sondern können ihn sogar irritieren, ja quälen. So wird ihm eine heitere Gesellschaft zur Belastung, fast unerträglich. Er muss sich zurückziehen, weil ihn das alles förmlich erschlägt. Auch flotte Melodien oder "nur" fröhliche Musik kann er nicht (mehr) ertragen, selbst wenn sie früher zu seinen Lieblings-Musikstücken gehörten. Was mitunter gerade noch geht, sind ernste, oft auch nur noch schwermütige Weisen, die ihm nebenbei nicht noch mehr gemütsmäßig herunterziehen, sondern durchaus hilfreich sein können, sofern ihm Musik etwas bedeutet. Oder strahlende Sonne, schönes Wetter, der bei Gesunden allseits ersehnte Anlass, wieder aktiv, fröhlich, optimistisch und gut gelaunt zu sein, sie irritieren und belasten - scheinbar paradoxerweise - den Depressiven, nicht nur weil "alles zu hell" ist, sondern weil es nicht zu seiner inneren Düsternis passt, es tut förmlich weh, weshalb sich der Depressive gerne verkriecht. Ähnliches gilt für Fröhlichkeit, Lachen, Vogelgezwitscher, Blumenpracht usw. Wenn also schon die natürlichen "Stimmungsaufheller" eine so gegenteilige Wirkung auslösen, so gilt dies umso mehr für jene Ablenkungs- und Aufheiterungsversuche, die man im gesunden Alltag zu nutzen pflegt. Man muss sich einfach stets vor Augen halten: Ein Depressiver ist innerlich so ungewöhnlich empfindlich, wie eine Verbrennungs-Wunde, bei der die Haut erst langsam wieder zuwächst; bis dahin schmerzt jeglicher Windhauch. · Überredungsversuche: Es ist falsch, dem Depressiven einreden zu wollen, "es gehe ihm im Grunde doch gut", "man sehe ihm doch gar nichts an", "er habe doch überhaupt keine Nöte", "wo denn eigentlich seine Probleme liegen würden" usw. Depressive sind nicht mit "normalen" Maßstäben zu messen. Depressive leben in Düsternis, auch wenn es keinen Grund gibt. Wenn es Depressiven gut geht, dann sind sie nicht mehr depressiv und können das selber empfinden. Sind sie aber noch depressiv, dann erleben sie eine solche Äußerung als schmerzliche Verkennung ihres Zustandes, als Unverständnis, Misstrauen oder gar Hohn. Ähnliches gilt ja für die bereits erwähnten oberflächlich wirkenden Versprechungen. · Urlaub: Es ist falsch, Depressive in den Urlaub zu schicken. Urlaub ist zwar ein Vergnügen, aber auch eine Belastung, wenngleich mit meist lohnendem Einsatz. Man muss sich das einmal vom Beschwerdebild des Depressiven her vorstellen: Urlaub heißt ja in der Regel weg von zu Hause, raus aus dem gewohnten Rahmen, hin in eine neue Umgebung, zumindest nicht in die alltagsgewohnte. Das braucht ein Minimum an Aktivität, in der Regel sogar einiges an Organisationsgeschick, bedeutet vielleicht sogar erst einmal ein Mehr an Belastungen durch Reise, Umstellung, Ungewissheit, kurz: Stress. Ein Depressiver aber ist nicht nur leicht und schnell ermüdbar, innerlich unruhig, nervös, getrieben, von verminderter Aufmerksamkeit und ungewohnter Verzagtheit, von verlangsamter Reaktionsfähigkeit bis zur Entscheidungsunfähigkeit, er leidet auch unter Merk- und Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Ratlosigkeit, Verunsicherung, Ängstlichkeit, unter Kontaktverlust, verminderter Leistungsfähigkeit u. a. Am liebsten würde er sich verkriechen, aber wohin, vor allem in fremder Umgebung? So findet er sich - wo immer er sich hinversetzt fühlt - noch weniger zurecht als zu Hause. Meist engen sich seine Gedanken noch zwanghafter auf die depressiven Grübeleien ein. Und was das Schlimmste ist: Geradezu schmerzlich peinigt ihn die häufig anzutreffende Freudlosigkeit, durch die der Kranke seinen früheren Ferienhobbys (an der See, in den Bergen, bei kulturellen Veranstaltungen) gleichgültig (Fehleinschätzung: "undankbar"), teilnahmslos, furchtsam oder durch schwere Schuldgefühle geplagt gegenübersteht. Vor allem aber sind die meisten Depressiven durch die - in fremder Umgebung öfter zu erwartenden - neuen bzw. ungewohnten Eindrücke und Situationen rasch überfordert und reagieren schnell mit diffuser Angst oder konkreten Befürchtungen, ja, fast panikartigen Reaktionen. So kann jede schwarze Wolke am Himmel, jede Umleitung, jede Baustelle, jede fremde (!) Panne oder Unfallsituation zu den lächerlichsten und demütigendsten Reaktionen seitens des Patienten und zu herben Beeinträchtigungen, grotesken Situationen und unnötigen Belastungen für die Mitreisenden führen. Depressive gehören nicht in den Urlaub, es sei denn, man ist sich des guten Ausgangs völlig sicher. Aber das stellt sich oft genug als Irrtum heraus - zu Lasten aller und zum größten Kummer des Patienten. · Kuraufenthalt: Es ist auch falsch, Patienten mit einer Depression zur Kur zu schicken. Die Probleme sind dabei im wesentlichen die gleichen wie in den Ferien. Auch ist die überwiegende Mehrzahl der Kurkliniken weder personell, noch ausbildungsmäßig, noch von ihrem diagnostischen und therapeutischen Schwerpunkt her auf depressive Patienten vorbereitet. Ein Depressiver, evtl. noch mit suizidalen Tendenzen, kann deshalb - unabhängig von seinen eigenen Schwierigkeiten - für die dortigen Ärzte, das Pflegepersonal sowie die Mitpatienten zu einer erheblichen Belastung werden. Es sei aber nicht verschwiegen, dass unter günstigen familiären, medikamentösen, ärztlichen und psychosozialen Voraussetzungen sowie bei manchen depressiven Zuständen (z. B. Erschöpfungsdepression) ein gut durchorganisierter Urlaub oder eine Kurverschickung in einer entsprechend ausgestatteten Klinik auch erfolgreich sein kann. Dies setzt allerdings eine gezielte Verlaufsuntersuchung, fundierte organisatorische Planung und entsprechend motivierte/instruierte Angehörige bzw. Therapeuten voraus. · Reaktion auf Wahnideen: Ein Wahn ist die krankhaft entstandene Fehlbeurteilung der Realität. An dieser Einstellung wird mit hoher subjektiver Gewissheit und unkorrigierbar festgehalten, selbst wenn sie im Widerspruch zur objektiven Wirklichkeit, zur eigenen Erfahrung und zum Urteil gesunder Mitmenschen steht. Auch Depressive können Wahnideen haben. Dies betrifft vor allem den Krankheitswahn ("mein Leiden ist unheilbar"), den Verarmungswahn ("mittellos, Schulden, jetzt frisst die Krankheit noch das restliche Vermögen auf") oder einen Schuld- und Versündigungswahn ("ein schlechter Mensch rechtswidrig gehandelt, verdient Strafe statt Therapie"). Solche Wahnideen ausreden zu wollen, ist falsch. Nicht nur der schizophrene, auch der depressive Wahn ist mit logischen Argumenten oder Gegenbeweisen nicht zu korrigieren. Lässt man sich auf eine solche nutzlose Auseinandersetzung ein, läuft man Gefahr, das Wahnsystem zu vertiefen. Auch kann ein solches "Misstrauen" das Vertrauensverhältnis gegenüber dem verunsicherten Patienten untergraben, da sich dieser unverstanden, lächerlich gemacht oder gar attackiert sieht. Er kann es ja nicht anders empfinden, seine Krankheit gaukelt ihm eine falsche Realität vor, die für die Außenstehenden als Wahn, für ihn selber aber als Wirklichkeit gilt. Deshalb sollte man auch depressions-bedingte Wahnideen zwar nicht befürworten, verstärken oder unterstützen, aber auch nicht ausreden wollen. Für viele Betroffene reicht es, wenn man sie einfach gelten lässt - soweit das ohne ernstere Folgen möglich ist, was allerdings in jedem Einzelfall auf seine Konsequenzen hin zu prüfen ist. · Entscheidungen treffen: Es ist falsch, während einer Depression wichtige Entscheidungen treffen zu lassen, auch wenn sie vom Kranken oder seiner Umgebung noch so dringend gefordert bzw. von der jeweiligen Situation nahegelegt werden. Manchmal geht es ja auch um tiefgreifende und folgenschwere Entschlüsse (z. B. Ehe, Familie, Beruf, Erbe, Kauf oder Verkauf). Die Erfahrung lehrt aber, dass nach Abklingen der Depression die Mehrzahl der so unüberwindbar drohenden Probleme und Konflikte weitgehend bewältigt werden kann, und zwar von einem jetzt gesunden Menschen mit seiner gewohnten Konzentrationsfähigkeit, Willens- und Entschlusskraft, und vor allem mit dem früheren Überblick bezüglich der Vielschichtigkeit des Problems. Wer dagegen bei einem depressiven Menschen mit seinen mehrfach erwähnten geistigen, seelischen, körperlichen und psychosozialen Defiziten eine Entscheidung während der Krankheit durchzudrücken versucht, macht sich geradezu verdächtig. Er muss sich fragen lassen, ob er die augenscheinliche Schwäche des Betroffenen ausnützen will. Sicher ist das nicht in jedem Fall gegeben, aber man muss daran denken. Dies betrifft nicht zuletzt den letzten Punkt, nämlich den · Beruf: Auch hier ist es falsch, während der Depression irgendeine berufliche Änderung zuzulassen, es sei denn, sie diene dem eindeutigen Vorteil des Betroffenen. Viele Depressive neigen aufgrund ihrer schmerzlich empfundenen Unfähigkeit und der scheinbar plötzlich erschwerten Lebenssituation dazu, die Schuld an ihrem derzeitigen Zustand einzig und allein bei sich selber zu suchen. Sie glauben organisch krank zu sein, den Anforderungen ihres Berufes nicht mehr gerecht zu werden, dem Arbeitgeber und den Kollegen zur Last zu fallen und diesem Dilemma nur dadurch entgehen zu können, dass sie sich versetzen oder niedriger einstufen lassen, kündigen oder gar einen Rentenantrag stellen. Hier muss vor allem der Arzt konsequent eingreifen, sich schützend vor seinen Patienten stellen und dem Arbeitgeber oder Personalchef unzweideutig klar machen, dass es unredlich ist und am entschiedenen Widerstand des Therapeuten scheitern wird, eine solche Situation auszunützen. Auch kann der Betrieb nach Abklingen des Leidens nicht nur wieder mit der vollen Arbeitsleistung, sondern auch mit der Dankbarkeit des Betroffenen rechnen, d. h. mit seiner gewohnten Zuverlässigkeit, Motivation und Einsatzfreude. Gerade in der jetzigen Zeit, in der durch die bekannten wirtschaftlichen Zwänge eine mitunter gnadenlose Rationalisierung praktiziert wird, ist es besonders wichtig, auf diesen Punkt zu achten. Auf diese Weise kann eine Depression nicht nur die Gesundheit, sondern auch noch die Position oder gar den Arbeitsplatz kosten. Deshalb nochmals: Es ist falsch, während einer Depression eine berufliche Veränderung zuzulassen, die vom Betroffenen - krankheitsbedingt - in ihrer vollen Tragweite nicht überblickt werden kann (selbst wenn man den Eindruck hat, hier wisse der Betroffene genau, was er wolle oder zulasse). Physiotherapeutische Maßnahmen Physiotherapeutische Maßnahmen im weitesten Sinne (Massagen, Kneipp´sche Anwendungen, medizinische Bäder, ferner Gymnastik, Bewegungstherapie, Schwimmen, Laufen, Radfahren, Trimmen, Bewegungsspiele u. a.) sind auch bei der Depression unerlässlich, obgleich gerade hier die Patienten aufgrund zahlreicher Symptome, vor allem Schwäche, Elendigkeitsgefühl und Willenlosigkeit große Probleme bereiten können. Deshalb sind hier sind vor allem die jeweiligen Experten ihres Faches gefragt. Was aber können die Angehörigen tun? Mehr als sie denken. Denn körperliche Aktivität, die allerdings beim gehemmten Depressiven täglich neu erzwungen werden muss, ist eine der wichtigsten antidepressiven Unterstützungsmaßnahmen. Nachfolgend deshalb ein etwas ausführlichere Darstellung: Körperliche Aktivität als antidepressive Unterstützungsmaßnahme Der vorbeugende und therapeutische Effekt körperlicher Aktivität in Form von Sport und sonstigen Bewegungsübungen gilt nicht nur für Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegsleiden, degenerative Verschleißerscheinungen des Haltungs- und Bewegungsapparates, sondern auch für psychosomatisch interpretierbare Befindensschwankungen (seelische Beeinträchtigungen, die sich körperlich äußern) und vor allem für Störungen im Gemütsbereich. So fühlen sich Sporttreibende in der Regel nach ihrer Aktivität wohler, ruhiger, zugleich aber auch dynamischer. Die Stimmung ist gehoben, Erregungszustände lassen nach, Ärger, Kummer und Frustrationen gehen zurück. Dies betrifft nicht nur den Gesunden. Auch die meisten psychischen Störungen oder Krankheiten sprechen positiv auf körperlich aktivierende Maßnahmen an. Dies wird in den psychiatrischen Kliniken inzwischen systematisch genutzt (siehe oben): Morgengymnastik, Bewegungstherapie, Schwimmen, Wandern, Radfahren, Trimmen, Bewegungsspiele, Reittherapie, Musik-Rhythmik-Tanz usw.
Allerdings muss gerade der depressiv Kranke aufgrund seiner Willenlosigkeit, Kraftlosigkeit, raschen Erschöpfbarkeit und seelisch-körperlichen Hemmung konsequent, aber maßvoll angepasst stimuliert werden. Das kann ein hartes Stück Arbeit werden. Mit zum Teil heftigen Widerständen seitens der Betroffenen ist zu rechnen. Doch man darf sich nicht beirren lassen. Das Endergebnis kommt allen zugute. Am günstigsten ist ein "täglicher Gesundmarsch" von einer halben bis ganzen Stunde Dauer, je nach seelisch-körperlicher Leistungsfähigkeit. Aber auch Fahrradfahren, Gymnastik, Schwimmen, Gartenarbeit usw. sind durchaus heilsam. Gartenarbeit gilt ja bekanntermaßen an sich schon als "stimmungsausgleichend". Wie überhaupt eine "grüne Umgebung", insbesondere aber der Wald als "großer stiller Therapeut" nachweisbar die wohltuendste Umgebung sind.
Das Tagslicht nützen Auf jeden Fall empfiehlt es sich das Tageslicht zu nützen. Nicht nur bei den saisonalen oder saisonal abhängigen Depressionen (SAD), auch Winter- und Lichtmangeldepression genannt (siehe diese), kann eine Verlängerung der täglichen Lichteinwirkung hilfreich sein, auch bei allen anderen Formen von Depression. In der dunklen Jahreszeit kann man fast schon von einem vorbeugenden Effekt körperlicher Aktivität auf die Stimmungslage sprechen. Therapeutisch versucht man es deshalb sogar mittels künstlichem Lichtes, das der spektralen Zusammensetzung des natürlichen Sonnenlichtes angepasst ist und eine mindestens zehnfache Intensität normaler Zimmerbeleuchtung aufweist (Licht- oder Phototherapie). Noch wichtiger aber ist Erkenntnis, dass ein mindestens halb- bis einstündiger "Gesundmarsch bei Tageslicht" das Gleiche leistet. Denn selbst ein bedeckter Himmel weist mehr Helligkeit auf als die künstliche Lichttherapie zu erreichen vermag. Wesentlich für den therapeutischen Erfolg ist aber die regelmäßige Anwendung, die gerade bei Depressiven in der Regel nur durch engagierte Angehörige sichergestellt werden kann. Deshalb gilt es sich immer wieder einzuprägen: Der tägliche Gesundmarsch bei Tageslicht und im Grünen, möglichst nicht unter einer halben bis ganzen Stunde, gilt inzwischen als eine der wirkungsvollsten Therapiemaßnahmen bei Depressionen und Angststörungen - und zwar in eigener Initiative. Spezielle Behandlungsverfahren Zu den speziellen Depressionsbehandlungen gehören Schlafentzug, Lichttherapie, Durchflutungsbehandlung u. a. Sie sind aber in der Regel einer Fachklinik vorbehalten. Einzelheiten dazu siehe Teil 3 dieser Serie. Pharmakotherapie Während man früher nur die sogenannten endogenen (biologisch begründbaren und oft erblich vorgezeichneten) Depressionen medikamentös behandelte, ist man heute der Meinung, dass die Mehrzahl der depressiven Zustände von einer Behandlung mit Antidepressiva profitieren kann. Deshalb gehören die Antidepressiva inzwischen auch zu den am meisten genutzten Psychopharmaka (zumal sie sich ja auch bei Somatisierungs- (Befindlichkeits-), Angst- und Zwangsstörungen u. a. nutzen lassen). Das heißt aber auch, dass man sich intensiver mit ihren Möglichkeiten und Grenzen auseinandersetzen muss. Deshalb folgt in der 3. Ausgabe dieser Serie über die Depression eine ausführliche Darstellung der Antidepressiva sowie Phasen-Prophylaktika (Lithiumsalze, Carbamazepin und Valproinsäure). Literatur Noch vor drei bis vier Jahrzehnten galt die Depression zwar als eine der wichtigsten psychiatrischen Krankheitsbilder (Melancholie, Schwermut), jedoch zahlenmäßig scheinbar selten und sogar in den klassischen psychiatrischen Lehrbüchern eher begrenzt abgehandelt. Das hat sich unter dem Druck einer enormen Zunahme und damit unter verstärkten wissenschaftlichen Bemühungen für Diagnose und Therapie deutlich geändert. Ja, man kann sagen: Kein seelisches Leiden hat eine solche Interessen- und damit auch Informations-Zunahme erfahren wie die Depressionen - zum Vorteil für alle Betroffenen, einschließlich Angehörige und Therapeuten. Das hat sich auch in einer nicht mehr überblickbaren Vielzahl von Fach- und sogar empfehlenswerten allgemeinverständlichen Sachbüchern niedergeschlagen. Da hier fast kein Überblick mehr möglich ist, nachfolgend lediglich eine Auswahl. Grundlage vorliegender Ausführungen sind: Faust,V., G. Hole (Hrsg.): Depressionen. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 1983 Faust,V.: Depressionsfibel. Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart-Jena-New York 1995 (jetzt Urban & Fischer, München) Faust, V.: Depressionen - erkennen, verstehen, betreuen in Stichworten. Arcis-Verlag, München 1995 Faust,V. (Hrsg.): Psychiatrie - Ein Lehrbuch für Klinik, Praxis und Beratung. Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart-Jena-New York 1996 Faust, V.: Manie. Enke-Verlag, Stuttgart 1997 Faust, V.: Depressionen. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 1998 Faust,V.: Schwermut. Depressionen erkennen und verstehen, betreuen, behandeln und verhindern. Hirzel-Verlag, Stuttgart-Leipzig 1999 Weitere Literaturhinweise APA: Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen - DSM-IV. Hogrefe-Verlag, Göttingen-Bern-Toronto-Seattle 1998 Gaebel, W., P. Falkai (Hrsg.): Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie. Band 5: Behandlungsleitlinie affektive Erkrankungen. Steinkopff-Verlag, Darmstadt 2000 Kisker, K.P. et al. (Hrsg.): Psychiatrie der Gegenwart. Band 5: Affektive Psychosen. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1987 Kuiper, P. C.: Seelenfinsternis. Die Depression eines Psychiaters. S. Fischer-Verlag, Frankfurt 1991 Helmchen, H. et al. (Hrsg.): Psychiatrie der Gegenwart. Band 5: Schizophrene und affektive Störungen. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 2000 WHO: Internationale Klassifikation psychischer Störungen - ICD-10. Hans Huber-Verlag, Bern-Göttingen-Toronto 1991 Wedler, H. et al.: Therapie bei Suizidgefährdung. Ein Handbuch. Roderer-Verlag, Regensburg 1992 Wolfersdorf, M, W. P. Kaschka (Hrsg.): Suizidalität - die biologische Dimension. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1995 Wolfersdorf, M.: Hilfreicher Umgang mit Depressiven. Verlag für Angewandte Psychologie, Göttingen-Stuttgart 1992 Wolfersdorf, M.: Depression. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1995 |
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Bei allen Ausführungen handelt es sich um allgemeine Hinweise. |